Der lange Weg zum Glück
"Tschüss, meine Lieben! Macht euch einen schönen Tag!", verabschiedete sich Thomas von seiner Familie. Er drückte Lisa und Laura nochmal kurz an sich und gab Vera einen Kuss, ehe er fröhlich über das Gartentor hopste und in sein Auto stieg. In einer halben Stunde würde der Dienst beginnen und außerdem würde er heute noch seinen neuen Kollegen kennen lernen. Der ehemalige Pilot aus dem anderen Team war nämlich mit seiner Familie weggezogen und heute sollte sein Nachfolger beginnen.
Nach zehn Minuten Fahrt stieg Thomas vor der Basis aus dem Auto. Michael war auch schon da, ebenso wie Gabi und Ralf, die schon gespannt auf ihren Teamzuwachs waren. Als Thomas in den Aufenthaltsraum trat, stieg herrliches Kaffeearoma in seine Nase. So begann fast jeder Morgen auf der Basis. Sie frühstückten alle gemeinsam mit frischen Brötchen und Kaffee und ließen den Dienst in Ruhe angehen, sofern nicht ein Einsatz alles zerstörte.
Nachdem Thomas es sich am Tisch mit einem Marmeladebrötchen gemütlich gemacht hatte, fragte er Michael: "Wie heißt der neue Pilot eigentlich?" "Du meinst wohl Pilotin." "Wie?" "Na es ist eine Frau, wusstest du das gar nicht?" "Eine Pilotin?" Michael nickte. "Nein, das wusste ich allerdings nicht. Na das kann ja heiter werden, Prost Mahlzeit." "Was soll das denn bedeuten, Thomas?", fragte Gabi in einem mahnenden Ton. "Gar nichts. Ich hoffe nur, dass auch ein paar Patienten überleben wenn ne Frau am Steuer sitzt." "Macho.", meinte Gabi, konnte sich aber ein Schmunzeln nicht verkneifen. "Nun mach aber mal halblang, Thomas, lass sie doch erstmal kommen. Sie heißt übrigens Brigitte Schwerin.", mischte Michael sich wieder ein. "Außerdem scheint sie großartige Referenzen zu haben, ihren Papieren nach zu beurteilen." "Naja, abwarten.", meinte Thomas nur und biss in sein Brötchen. Zu mehr als einem Bissen kam er allerdings nicht. Draußen war plötzlich ein lautes Motorengeräusch zu hören, jemand war auf einem Motorrad auf den Parkplatz gekurvt. "Wer ist das denn?", fragte Peter verwundert. "Na die neue Pilotin.", antwortete Michael ihm, als der Motorradfahrer den Helm abnahm. Thomas schluckte. Das war sie also, seine neue Kollegin. Ihre Attraktivität war unübersehbar, und ihm raubte sie für einige Sekunden den Atem. Lange hatte er jedoch keine Zeit, aus dem Fenster zu sehen, Brigitte Schwerin trat bereits mit schnellen Schritten durch den Eingang. Michael führte die Begrüßungszeremonie an und stellte sich als erstes vor. "Hi. Ich bin Michael Lüdwitz, und du musst die neue Kollegin sein, richtig?", begrüßte er sie und reichte ihr die Hand. Sie lächelte ihn lieb an und meinte: "Genau die bin ich." "Es ist doch ok, wenn wir Brigitte sagen, oder? Wir duzen uns alle hier." "Nein, Brigitte ist nicht ok." Michael stutzte. Die neue Kollegin war ihm auf den ersten Blick doch äußerst unkompliziert erschienen. "Ich heiße Biggi. Alle nennen mich so.", fügte diese dann allerdings hinzu und Michael grinste. "Ach so. Also dann, Biggi. Darf ich dir die anderen vorstellen?" "Na klar.", erwiderte Biggi und setzte abermals ein strahlendes Lächeln auf. Thomas wurde ganz schwummrig. Er konnte seinen Blick überhaupt nicht mehr von der attraktiven Pilotin abwenden, es war längst um ihn geschehen. "Also, das ist Peter Berger, Sanitäter im A Team.", erklärte Michael Biggi, wobei er auf Peter deutete, der ihr daraufhin die Hand gab. "Und das sind Ralf Staller und Dr. Gabriele Kollmann, sie werden in deinem Team fliegen." Schließlich deutete Michael auf Thomas, der Biggi immer noch verträumt ansah und kaum mitbekam, was um ihn herum geschah. "Und das ist Thomas Wächter, er ist auch Pilot." Biggi lächelte. "Freut mich.", begrüßte sie ihn lächelnd und streckte ihm die Hand hin. "Ähm...hi...", brachte Thomas nur hervor. "Dann auf gute Zusammenarbeit.", meinte Michael, "Thomas wird dir sicherlich gleich den Heli zeigen." "Ähm, ja, natürlich.", der Pilot stand total neben sich und konnte nur mehr auf Biggi achten, die ihn mit einem strahlenden Lächeln und voller Erwarten ansah. Er hatte so etwas vorher noch nie erlebt. Er hatte sie gesehen und sofort war es um ihn geschehen gewesen. Er fühlte sich von Biggi mehr als nur angezogen. Ihr Lächeln, ihre Augen, ihre Stimme, einfach alles an ihr erschien ihm perfekt. "Ja, ähm, zeigst du mir dann alles?", fragte Biggi schließlich und riss ihn damit komplett aus den Gedanken. "Natürlich... gern.", brachte Thomas nur hervor und führte Biggi dann durch den Hangar hinaus zur Landeplattform, wo sie stand, die BK117. Biggi blickte Thomas die ganze Zeit verstohlen von der Seite an, sie fand ihn äußerst attraktiv und nett schien er auch zu sein... Der Pilot merkte davon jedoch nichts, viel zu sehr war er mit seinen Gedanken beschäftigt. So etwas war ihm in seinem ganzen Leben noch nie passiert. Er hatte diese Frau angesehen und hatte sich sofort dermaßen von ihr angezogen gefühlt. Doch sofort kam auch wieder das schlechte Gewissen. Er versuchte, Biggi aus seinen Gedanken zu verdrängen, er war schließlich verheiratet und hatte zwei Kinder. Was tat er hier überhaupt? "Arbeitest du schon lange hier?", fragte Biggi ihn plötzlich und riss Thomas damit total aus seinen Gedanken. Er blickte sie an und sofort durchfuhr ein wohliger Schauer seinen ganzen Körper. "Seit 4 Jahren." Biggi nickte nur. Sie waren am Heli angekommen. "Also, das ist sie, unsere BK 117, Max und ich nennen sie allerdings immer nur liebevoll 'unser Baby'" Biggi lächelte ihn an und Thomas wurde abwechselnd heiß und kalt, er konnte seinen Blick einfach nicht von ihr abwenden. "Hast du Lust auf einen kleinen Rundflug?", fragte er sie schließlich. Biggi freute sich total. "Ja, gern.", antwortete sie und schenkte ihm erneut ihr strahlendstes Lächeln. Sie wusste selbst die ganze Zeit schon nicht, wie ihr geschah, aber irgendetwas hatte dieser Mann, das sie enorm anzog. Sein Lächeln, sein Charme... Biggi verspürte ein gewaltiges Kribbeln in der Magengegend. "Ja, ähm, dann steig doch schon mal ein...", meinte Thomas, während er sie zaghaft an der Schulter berührte. Die Schmetterlinge in Biggis Bauch wurden zu kleinen Helicoptern und sie bemerkte, wie ihre Knie ein wenig weich wurden. Wie konnte es sein, dass dieser Mann ihr in wenigen Minuten so sehr den Kopf verdrehte, dass ihr fast schwindelig wurde? Sie hatte so was noch nie erlebt. Thomas deutete ihr an, dass sie sich auf die Pilotenseite setzen sollte. "Dann kannst du dich gleich mit dem Baby vertraut machen.", meinte er. "Oh ja.", freute sich Biggi und mit einem Schwung saß sie auch schon im Cockpit. Thomas atmete tief durch, bevor er auf den Copilotensitz stieg. Er musste doch dieses seltsame Gefühl mal wegbekommen, das durfte doch nicht wahr sein. Er nahm alle seine Gedanken zusammen und konzentrierte sie auf Vera und seine Kinder. Dann setzte er sich auf den Sitz, den er eigentlich gar nicht gewohnt war, und blickte Biggi an. Sofort war es wieder da, dieses Gefühl. Vera, Lisa und Laura waren in die hinterste Ecke seiner Gedankengänge verschwunden und vor sich sah er nur mehr die rehbraunen Augen seiner neuen Kollegin, die ihn alles um sich herum vergessen ließen. "Du solltest dir vielleicht den Helm aufsetzen.", meinte Biggi lächelnd, als Thomas eine ganze Weile keine Anstalten machte, etwas anderes zu tun als sie anzusehen. "Äh, ja, klar." Mit zitternden Händen griff er nach dem Helm und setzte ihn auf. "Du weißt, wie du ne BK 117 zu bedienen hast?", fragte er sie dann und wollte dabei cool klingen, worauf sie ein nachdenkliches Gesicht machte und meinte: "Oh, ich hoffe doch. Mal sehen, wie aktiviere ich nochmal die Triebwerke?" "Hier." Dann war es für einen Moment lang still. Thomas' Hand hatte sich genau im selben Moment an den Hebel gelegt wie Biggis. Sie blickten sich an. Beide durchfuhr ein Schauer, und das Kribbeln in der Magengegend hatte explosive Dimensionen angenommen. Als sie irgendwann wieder zu sich kamen, lächelten sie verlegen und nahmen die Hand wieder weg. Auf einmal erschrak Biggi, nahm sich aber sofort wieder zusammen und versuchte sich auf den Heli zu konzentrieren. Sie mobilisierte alle Kräfte, um sich von Thomas abzulenken und schaffte es auch einigermaßen. Zumindest genug, um den Heli in einer derart gekonnten Art und Weise und so schnell zu starten, dass Thomas Hören und Sehen verging, falls es ihm nicht schon längst vergangen war. Biggi flog eine lässige Kurve und setzte den Heli dann auf Höchstgeschwindigkeit. "Liegt fast so gut in der Hand wie mein Motorrad.", bemerkte sie grinsend. "Ist das schön hier.", seufzte sie dann, als sie die Landschaft unter sich erblickte. Einige Minuten flogen sie nur so durch das Tal, keiner sagte ein Wort. Thomas war sprachlos. Es war nur selten, dass er einem Piloten begegnete, der so mit dem Heli versank wie Biggi. Er kannte das von sich selbst und wusste, dass er in ihr wohl eine Seelenverwandte gewonnen hatte. Er brauchte sich nur ihren Gesichtsausdruck anzusehen. "Du liebst das Fliegen, oder?", fragte er sie nach einer Weile. Biggi nickte. "Es ist mein Leben." "Meins auch.", stimmte Thomas ihr zu. "Und was sagt deine Frau dazu?" Thomas stutzte. "Wie kommst du darauf?" "Na, du bist doch verheiratet." "Wie ... woher ..." "Der Ring an deiner Hand weist doch auf eine Ehe hin, sehe ich das richtig?" "Oh. Ja. Klar." "Und, was sagt sie dazu?", wiederholte Biggi ihre Frage. "Naja, manchmal gibt es schon Zoff deswegen.", gab Thomas zu und wunderte sich im selben Augenblick schon wieder, wie er dazu kam, Biggi, die er erst seit etwa zwei Stunden kannte, Details aus seinem Privatleben zu erzählen. Er wusste selbst nicht warum, aber irgendwie konnte er ihr vertrauen und er hatte das Gefühl, dass sie sich schon ewig kennen würden. Biggi nickte verständnisvoll. "Tja, bei unserem Job ist es manchmal nicht einfach, Beruf und Privates zu vereinbaren.", stimmte sie ihm zu. "Oh ja, du sagst es. Ich habe mir schon oft gewünscht, dass Vera, also meine Frau, mehr Verständnis für meinen Beruf aufbringen würde." Den Rest des Flugs schwiegen sie, doch Biggi sah Thomas immer wieder verträumt von der Seite an. Alle guten Tipps ihres Gewissens, die ihr sagten, dass sie gar nicht daran denken sollte und sich Thomas aus dem Kopf schlagen musste, weil er verheiratetet war, hatten keine Wirkung. Sie fühlte sich derartig von ihm angezogen, dass sie sich kaum richtig aufs Fliegen konzentrieren konnte. Somit war sie froh, als sie wieder auf der Landeplattform vor dem Hangar aufsetzten. Thomas erging es ebenso. Er musste erstmal nachdenken. Einerseits störte es ihn gewaltig, dass Biggi jetzt wusste, dass er verheiratet war, doch andererseits machte er sich immer wieder klar, dass sie es so oder so erfahren hätte und er eigentlich nicht einmal daran denken durfte, dass sich irgendetwas zwischen ihm und seiner neuen Kollegin entwickeln würde. Immerhin war dieser Gedanke, es war beinahe eher ein unbeschreibliches Verlangen, das Auslöser für seinen Unmut darüber war, dass Biggi von seiner Ehe wusste. Nachdem er ausgestiegen war, verzog er sich erstmal an seinen Lieblingsplatz zum nachdenken, eine kleine Stelle am Ufer der Salzach, ganz nah am Wasser. Die ganze Zeit versuchte er an seine Familie zu denken, doch es gelang ihm einfach nicht. 'Biggi, Biggi, Biggi…', spukte es immer wieder in seinem Kopf herum und er konnte nichts, aber auch gar nichts dagegen tun. Er sah die ganze Zeit ihr Lächeln und ihre wunderschönen dunklen Augen vor sich und glaubte, noch immer ihre sanfte Stimme zu hören.
Die Pilotin hatte sich währenddessen zu Gabriele in den Aufenthaltsraum gesellt. Die beiden Frauen verstanden sich auf Anhieb sehr gut und bemerkten schnell, dass sie auf der gleichen Wellenlinie waren. Biggi erzählte Gabi von ihrem ersten Testflug und obgleich sie sich wirklich bemühte, sich nichts anmerken zu lassen, glaubte Gabi doch ab und an eine kleine Schwärmerei für Thomas aus ihren Erzählungen herauszuerkennen, die Biggi so sachlich wie möglich zu gestalten versuchte. Danach erzählte die Notärztin ihrer neuen Kollegin einiges über die Basis und die anderen Kollegen, wobei ihr nicht entging, dass Biggi, immer wenn der Name Thomas fiel, besonders aufmerksam zuhörte und immer wieder genauere Details nachfragte. So erfuhr sie auch, dass Thomas zwei kleine Töchter hatte. Doch änderte das eigentlich auch nicht viel, von seiner Ehe wusste sie schließlich auch schon und sie wusste, dass dieser Mann für sie tabu war. Doch so sehr sie es sich auch versuchte einzureden, ihr Herz wollte darauf nicht hören.
Nachdem sich die beiden Frauen etwa eine Stunde lang sehr nett unterhalten hatten, kam Thomas in den Aufenthaltsraum. Er hatte es aufgegeben, Biggi aus seinen Gedanken zu verdrängen. "Ich hoffe, ich störe nicht...", meinte er lächelnd. "Aber nein... natürlich nicht.", antworteten Biggi und Gabi gleichzeitig, wobei Biggi nun schon wieder dieses gewaltige Kribbeln verspürte, als Thomas neben ihr auf dem Sofa Platz nahm und sie lieb anlächelte. "Möchtest du auch einen Kaffee?", bot Gabi ihrem Kollegen an, doch Thomas lehnte dankend ab. "Nein, danke. Ich glaube, ich hole mir lieber schnell eine Cola aus dem Hangar. Möchtest du auch eine?", bot er Biggi sofort an. Diese nickte lächelnd. "Gern", wie hätte sie auch ein Angebot von ihm abschlagen können. "Dann kann Thomas dir ja gleich unseren Colaautomaten zeigen.", stellte Gabi fest und Thomas nickte. "Dann komm mal mit.", meinte er lächelnd zu Biggi, die ihm in den Hangar folgte. "Für den Automaten brauchst du ein 1 Euro Stück, aber da wir hier meistens eh kein Kleingeld haben, machen wir das anders, man muss nur aufpassen, dass Max, unser Mechaniker nicht in der Nähe ist..." Biggi sah ihn fragend an, doch im nächsten Moment trat Thomas auch schon gegen die Seitenwand des Automaten und eine Flasche Cola fiel heraus, die er Biggi in die Hand drückte. "Wow", brachte sie nur hervor. Er wiederholte den Vorgang und zog dann eine zweite Flasche hervor. Dann schlug er mit der Hand oben gegen den Automaten und dieser spuckte ein 1 Euro Stück aus. "Das Restgeld, kann man dann in ein Spiel am Flipper verwenden.", erklärte er ihr unschuldigst lächelnd. Biggi grinste. "Soso, das Restgeld..." "Willst du mal versuchen?", fragte Thomas sie und deutete auf den Flipper. Biggi zögerte kurz, doch dann meinte sie: "Ja, warum eigentlich nicht." Sie gingen zum Flipper und Thomas warf das 1 Euro Stück, das der Colaautomat wenige Sekunden vorher ausgeworfen hatte, in den Flipper ein und Biggi begann das Spiel. Thomas stand hinter ihr und sah ihr über die Schulter. Allerdings verhaute sie ziemlich schnell alle Bälle, was weniger daran lag, dass sie außer Übung war, als an Thomas' Gegenwart. Er stand so dicht hinter ihr, dass sie seinen warmen Atmen in ihrem Nacken spüren konnte, und ihre Knie fühlten sich an wie Wackelpudding. "Da musst du aber noch ein bisschen üben.", stellte Thomas lächelnd fest. Biggi zuckte mit den Schultern. "Wollen wir es gemeinsam versuchen?", bot er ihr dann an. Biggi strahlte. "Gern." Thomas trat noch ein wenig näher an sie heran, sodass er sich leicht an sie lehnte, dann legte er sanft seine Hände auf die Ihren. Biggi dachte, sie würde auf der Stelle in Ohnmacht fallen, ein wohliges Gefühl machte sich in ihrem ganzen Körper breit und sie wünschte sich, dass dieser Augenblick niemals enden würde. Thomas begann das Spiel, wobei er sich die ganze Zeit nur auf Biggi konzentrierte. Er genoss es wahnsinnig, ihr so nahe zu sein, versuchte aber gleichzeitig irgendwie den Ball davor zu bewahren, im Aus zu landen, damit das Spiel nicht so schnell zu Ende ging. Sehr zu Biggis und Thomas' Leidwesen wurde es jedoch vorzeitig beendet: "Rettungsleitstelle an Medicopter 117, verunglückter Bergsteiger in der Nähe von Garmisch-Patenkirchen, GPS Koordinaten über Funk.", meldete sich die Rettungsleistelle und wenige Sekunden später kamen auch schon Michael und Peter aus dem Hangar geeilt. "Ich fürchte ich muss....", meinte Thomas und versuchte die Enttäuschung in seiner Stimme nicht preiszugeben. Biggi nickte nicht weniger betrübt. Sie sah ihm noch nach, bis er in den Helicopter gestiegen und abgehoben war, sodass sie ihn schließlich nicht mehr sehen konnte. Leise seufzte sie, noch immer war es so, als würde sie seine warmen, sanften Hände auf den Ihren spüren. Nachdem sie etwa zehn Minuten vor dem Flipper gestanden und von Thomas geträumt hatte, sah sie schließlich erschrocken auf die Uhr. Ihre Schicht war seit über einer Stunde zu Ende und es war nun wirklich an der Zeit, nachhause zu fahren.
So begab sie sich in den Umkleideraum. Bevor sie nachhause fuhr, wollte sie noch eine heiße Dusche nehmen. Während sie sich umzog und schließlich das heiße Wasser über sich plätschern ließ, waren all ihre Gedanken bei Thomas. Sie war machtlos. Ihr Herz war ihm völlig ausgeliefert. Wenn sie an diese Augen, dieses Lächeln dachte. Sie hatte keine Ahnung, wie das alles weitergehen sollte. Das war heute ihr erster Tag, und sie würde möglicherweise noch Jahre an Thomas' Seite arbeiten. Sie wusste beim besten Willen nicht, wie sie das aushalten sollte.
Während sie sich unter der Dusche immer noch den Kopf über die Zukunft zerbrach, landete Thomas den Heli inzwischen wieder vor dem Hangar. Der Einsatz war reine Routine gewesen, der Verletzte war sicher in der Klinik abgeliefert worden. Michael und Peter beschlossen, sich ein Duell am Kicker zu liefern. Thomas hingegen hatte keine Lust dazu. Sein Kopf war voller Biggis, wo er hinsah, ob zum Flipper, zum Colaautomaten, zum Heli, überall sah er Biggi stehen und ihn anlächeln. Er eilte in den Umkleideraum, entledigte sich seiner Jacke, indem er sie auf den Boden warf, ging zu den Waschbecken, und ließ sich dort eiskaltes Wasser übers Gesicht laufen. Das tat gut. Das erste Mal wurde er ein wenig abgelenkt. Doch lang dauerte das nicht an. Im selben Moment, in dem er sich umdrehte und sich auf den Weg zurück nach draußen machen wollte, öffnete sich der Duschvorhang, der ihm gegenüber hing. Biggi stand vor ihm, gehüllt in ein spärliches Badetuch. "Oh.", sagte sie erschrocken. Thomas brachte kein Wort heraus. Er starrte sie nur an und kämpfte gegen seinen Magen an, in dem Armeen rotierten. "Habt ihr hier ... gemischte Umkleiden?", fragte Biggi dann unsicher. "Ähm ... nein, das hier ist die Herrenumkleide. Ihr seid eigentlich einen Raum weiter." "Oh nein. Tut mir Leid. Das ... das kommt nicht mehr vor ..." "Aber das macht doch nichts. Soll ... soll ich dir eure Umkleide zeigen?" "Oh ja, das wäre lieb ...", meinte Biggi dankbar, und so ging sie ihm hinterher durch den Umkleideraum. Weit kam sie allerdings nicht. Thomas' Jacke drang nicht bis zu ihrem Bewusstsein durch, zu sehr war sie darauf konzentriert, dem Piloten zu folgen. Und so stolperte sie und fiel der Länge nach auf den Boden. "Oh nein, ich bin so ein Idiot.", meinte Thomas verzweifelt und hätte sich am liebsten dafür umgebracht. "Hast du dir weh getan?" Besorgt beugte er sich zu Biggi hinunter. Diese blickte auf und meinte: "Ne, noch alles dran." "Ich ... ich helfe dir ...", sagte Thomas und half ihr vorsichtig, aufzustehen. Er fasste sie allerdings so ungeschickt an, dass dabei das Badetuch nach unten rutschte. "Oh ... entschuldige ... Ich bringe heute wirklich gar nichts zustande." Thomas war völlig fertig. Völlig fertig und zur selben Zeit wie magisch von Biggis Anblick angezogen, was ihn noch fertiger machte. Biggi zog das Badetuch verlegen wieder hoch und wickelte es sich neu um. "Ach, mir geht es heute genauso.", meinte sie. "Sieh mal, das wäre ja alles gar nicht passiert, wäre ich in die richtige Umkleide gegangen. Und außerdem hätte ich ja auch sehen können, wo ich hintrete." "Naja, normalerweise liegen Jacken ja nicht auf dem Boden.", sagte Thomas zerknirscht. Biggi lächelte. Dann blickten sie sich tief in die Augen. Es wäre beinahe um sie geschehen gewesen, hätte nicht Biggis Gewissen im letzten Moment so auf sie eingehämmert, dass sie sagte: "Ich glaube ... ich glaube, du zeigst mir jetzt besser die Damenumkleide ..." "Natürlich.", schreckte Thomas hoch und drehte sich mit einem Ruck zur Tür um. "Vielleicht nimmst du noch deine Jacke mit, nicht, dass noch jemand stolpert." Biggi bückte sich, nahm die Jacke und reichte sie ihm. "Danke." Sie folgte Thomas schweigend nach draußen auf den Flur und schließlich zu den Dahmenumkleiden. "So, hier sind wir.", meinte Thomas schließlich und sah dann ein wenig verlegen auf dem Boden. Er schalt sich noch immer für die Szene in der Umkleide. Was Biggi jetzt nur dachte... Ihr ging es jedoch nicht anders und irgendwie war sie froh, als sie endlich die Tür der Damenumkleide hinter sich geschlossen hatte.
Im Gegensatz zu Biggi hatte Thomas keine Zeit, sich weiter über die missglückte Szene Gedanken zu mache, denn ein neuer Einsatz wartete: "Rettungsleistelle an Medicopter 117, Fahrradunfall in Bad Reichenhall. GPS Koordinaten 47,12 Nord zu 12,32 Ost." Während Peter den Notruf annahm, fasste Thomas sich und eilte dann gemeinsam mit Michael schon einmal zum Heli.
Als Biggi etwa zwanzig Minuten später die Umkleide verließ und auf ihr Motorrad stieg, war das A Team bereits am Einsatzort angekommen. Biggi hingegen hatte Mühe sich auf die Straße zu konzentrieren. Thomas wollte ihr einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen, egal was sie auch tat. Immer wieder versuchte sie sich einzureden, dass sie keine Chance hatte, dass er verheiratet war, dass sie sein Glück nicht zerstören durfte. Doch es war sinnlos. Sie konnte einfach nicht aufhören an ihn zu denken und sich die schönsten Dinge, die sie gemeinsam mit ihm tat, auszumalen.
Als sie zuhause ankam, beschloss sie, sich erst einmal ein heißes Schaumbad zu gönnen, um zu entspannen. Sie wollte einfach nur abschalten und den heutigen Tag ein wenig sacken lassen. Dies erwies sich jedoch als schwerer als sie gedacht hatte, denn die Ereignisse ließen sie einfach nicht los. Sie wusste partout nicht, wie sie Thomas gegenüber treten sollte. Vielleicht war es besser, wenn sie ihm aus dem Weg ging? Er hatte schließlich eine Familie und war tabu für sie. Doch insgeheim musste sie sich eingestehen, dass es mit den guten Vorsätzen sowieso vorbei war, wenn er dann wieder vor ihr stand, sie mit seinen strahlendblauen Augen ansah und sie anlächelte.
Als das A Team von dem Einsatz, der kein schwerwiegender gewesen war, zurückkam, hatte Biggi die Basis längst verlassen. Thomas hatte schon aus der Luft erkannt, dass ihr Motorrad nicht mehr auf dem Parkplatz stand. Einerseits war er ein wenig enttäuscht, doch andererseits hämmerte er sich immer wieder ein, dass es besser so sei. Er musste erst einmal über alles nachdenken und das schlechte Gewissen Vera und den Kindern gegenüber wurde immer stärker. Er kannte Biggi jetzt erst einen Tag und fühlte sich dermaßen stark von ihr angezogen, wie es ihm noch nie bei einer Frau passiert war. Selbst wenn er sich vornehmen würde, ihr aus dem Weg zu gehen, sie aus seinem Kopf zu verdrängen, war da nicht immer noch die Gefahr, eines Tages doch schwach zu werden? Nein, er musste das verhindern. Er liebte seine Familie, seine Frau und seine Töchter. Bei Vera war es anders, schon lange verspürte er dieses Kribbeln in der Magengegend nicht mehr, und wenn er ehrlich war, war es auch noch nie so stark gewesen, wie er es heute in Biggis Gegenwart erlebt hatte, doch sie waren nun schon seit sechs Jahren verheiratet und seine Familie war ihm wichtig, sehr wichtig.
Auch als er die Haustür aufschloss und Lisa und Laura ihn schon freudig erwarteten und ihrem Vater um den Hals fielen, dachte er noch darüber nach. Und jetzt, wo er seine beiden Mädels im Arm hielt, fühlte er sich verdammt schuldig. Was fiel ihm eigentlich ein, mit seiner neuen Kollegin zu flirten? Er fühlte sich verdammt schlecht dabei, warum hatte er sich nicht gegen seine Gefühle gewehrt? Ja er hatte es versucht, aber sein Herz hatte den Verstand ausgeschaltet und er war machtlos gewesen. Und nun hatte er ein verdammt schlechtes Gewissen, dass sich noch verstärkte, als schließlich auch noch Vera aus dem Wohnzimmer trat und auf ihn zukam und ihn begrüßte. "Hallo Schatz.", sie gab ihm einen Begrüßungskuss. Thomas erwiderte den Kuss zwar, doch er war nicht wirklich bei der Sache. Er dachte gerade daran, wie es wohl wäre, wenn er jetzt Biggi küssen würde und sofort fühlte er sich wieder schlecht, verdammt schlecht.
"Wie war dein Tag?", fragte Vera schließlich, als sie beim Abendessen saßen. "Ganz ok.", antwortete Thomas nur. Er musste erst einmal selbst darüber nachdenken, wie sein Tag eigentlich war. "Und wie ist der neue Kollege?", wollte sie dann wissen. "Kollegin.", verbesserte Thomas sie. "Nett." Vera nickte nur, wunderte sich allerdings schon, warum ihr Mann an diesem Abend anders als sonst so kurz angebunden war. Doch sie hatte keine Lust, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, und führte sein merkwürdiges Verhalten auf nervenaufreibende Einsätze zurück, die es bei Medicopter zur Genüge gab.
Abends im Bett, als er so neben Vera lag, zwang er sich, an seine Gefühle zu ihr zu denken. Doch egal was er anstellte, seine Gedanken führten ihn alle zu Biggi. Was sie wohl gerade machte? Ob sie auch im Bett lag und an ihn dachte? Nein, bestimmt nicht. Da war Thomas sich sicher. Sie war wohl froh, endlich nicht mehr so einen Tollpatsch wie ihn am Hals zu haben. Doch da täuschte er sich gewaltig. Sie lag tatsächlich im Bett und dachte an ihn. Und sie war nicht froh, nicht mehr so einen Tollpatsch wie ihn vom Hals zu haben, sie war froh, nicht mehr gezwungen zu sein, andauernd ihn anzusehen und in seinen Bann gezogen zu werden.
Am nächsten Morgen wurde Biggi bereits um sieben durch das laute Schrillen ihres Weckers geweckt. Sie hatte verdammt gut geschlafen, obgleich sie erst weit nach Mitternacht eingeschlafen war. Und sie hatte geträumt – von Thomas. Es war einwunderschöner Traum gewesen und irgendwie war sie total enttäuscht, dass sie jetzt aus dem Schlaf gerissen worden war und er vorbei war. Seufzend stand sie auf uns begab sich ins Bad, wo sie erst einmal fast zwanzig Minuten vor dem Spiegel stand und über den Traum nach dachte. In ihrem Traum war sie mit Thomas zusammengewesen, sie waren übereiner riesige Wiese gelaufen und schließlich waren sie stehen geblieben, hatten sich geküsst und er hatte ihr immer wieder gesagt, dass er sie liebte. Als sie irgendwann erschrocken auf die Uhr sah, hatte sie nur noch zehn Minuten. Im Eiltempo machte sie sich fertig, schnappte sich ihren Helm und verließ die Wohnung. Um zu frühstücken blieb keine Zeit mehr. Sie stieg eilig auf ihr Motorrad und fuhr zur Basis. Da sie die Frühschicht hatte, waren nur Gabi und Ralf bereits eingetroffen, nicht aber Thomas. Und irgendwie war sie erleichtert. Sie wusste partout nicht, wie sie ihm gegenüber treten sollte. Wieder rund wieder versuchte sie sich einzureden, dass es alles keinen Sinn hatte, dass er verheiratet war, Kinder hatte.... Was seine Frau wohl sagen würde, wenn sie gestern mitbekommen hätte, wie sie Thomas die ganze Zeit angehimmelt hatte? Biggi mochte es sich lieber gar nicht erst vorstellen. Dazu hatte sie jedoch auch gar keine zeit, denn sie war auf der Basis angekommen,. Ralf und Gabi warteten schon, denn die Schicht begann in fünf Minuten. Biggi beeilte sich mit Umziehen, sodass sie gerade noch pünktlich fertig war und sich zu ihren beiden Kollegen in den Aufenthaltsraum setzte. "Möchtest du Kaffee?", bot Ralf ihr sofort an. Biggi nickte. "Oh ja, ich bin heute gar nicht dazu gekommen, zu frühstücken." "Das ist aber nicht gut, Dienst zu tun mit leerem Magen...", meinte Gabi lächelnd, "Schau doch eben nach, ob du etwas im Kühlschrank findest." Biggi nickte dankbar und verschwand sogleich in der kleinen Küche. Der Kühlschrank war fast leer, nur ein Erdbeer- und ein Vanillejoghurt und ein paar Gehtränke waren dort gelagert. Biggi griff sich den Vanillejoghurt, nahm sich einen Löffel und setzte sich dann wieder zu Gabi und Ralf. "Na siehst du, so musst du wenigstens nicht ganz auf dein Frühstück verzichten.", meinte Gabi lächelnd. Biggi nickte dankbar, sie war total froh, in einem so netten Team gelandet zu sein und verstand sich eigentlich mit allen auf Anhieb total gut, mit Thomas schon fast zu gut. Noch immer hatte sie keine Ahnung, wie sie ihm beim Schichtwechsel gegenübertreten sollte.
Zur selben Zeit saß Thomas gemeinsam mit Vera am Frühstückstisch. Die Mädchen hatten sich gerade verabschiedet und hatten sich auf den Weg zur Schule gemacht. Thomas hatte noch die halbe Nacht wach gelegen und war auch dementsprechend müde. Er war jedoch zu dem Entschluss gekommen, dass er versuchen wollte, gegen seine Gefühle für Biggi anzukämpfen. Er hatte schließlich eine Familie und somit auch Verantwortung. Das konnte er nicht so einfach aufs Spiel setzen. Er wusste zwar nicht, wie er damit umgehen sollte, Biggi jeden Tag zu sehen, immerhin zog sie ihn wie mit Hilfe von magischen Kräften in seinen Bann und er konnte sich kaum dagegen wehren, doch er musste es einfach versuchen. Für den heutigen Tag hatte er sich schon einmal vorgenommen, erst ganz kurz vor Beginn seiner Schicht auf der Basis einzutreffen, um möglichst kurz der Gefahr ausgesetzt zu werden, von Biggis Anblick verzaubert zu werden.
Als es schließlich Zeit war, verabschiedete er sich mit einem kleinen Kuss von Vera. "mach's gut, bis später." "Ja, bis später.", antwortete sie ihm und sah ihm dann noch nach, wie er aus der Tür verschwand. Er war an diesem Morgen schon wieder so komisch gewesen, genau wie am vergangenen Abend. So in Gedanken versunken und nicht sehr gesprächig. Doch noch dachte sie sich nichts weiter dabei. Und schob es nach wie vor auf seinen anstrengenden Job. Wie sehr sie sich doch täuschte...
Als Thomas an der Basis ankam, bekam er schon fast weiche Knie , als er nur Biggis Motorrad auf dem Parkplatz erblickte. Er versuchte sich dagegen zu wehren, doch er war machtlos. Wieder konnte er nur noch an sie denken. Als er den Aufenthaltsraum betrat, saßen Gabi, Ralf und Biggi am Tisch und unterhielten sich. Sie waren gerade von einem Einsatz zurückgekommen. Michael und Peter waren sich bereits umziehen gegangen. "Und wie war die Schicht?", fragte Thomas, wobei er sich bemühte nicht die ganze Zeit Biggi anzustarren, was ihm jedoch kaum gelang. Er musste sich eingestehen, dass sie beinahe noch schöner war als er es in Erinnerung gehabt hatte und konnte seinen Blick nur schwer wieder von ihr abwenden. Dann erblickte er den leeren Becher Vanillejoghurt auf dem Tisch stehen. "Hey, wer von euch hat meinen Joghurt gegessen?", fragte er gespielt grimmig, musste dann jedoch grinsen. "Das war ich...", meinte Biggi verlegen lächelnd, "Ich wusste nicht, dass es deiner war. Ich hoffe, das ist nicht schlimm..." Sie bemühte sich schon die ganze Zeit, Thomas nicht so auffällig anzustarren, doch sie musste bei seinem Anblick unvermeidbar wieder an den Traum denken, den sie in der vergangenen nacht gehabt hatte. 'Schlag ihn dir endlich aus dem Kopf.', versuchte sie sich einzureden, jedoch wieder ohne Erfolg. Thomas lächelte sie an und meinte dann: "Ach Quatsch, am Kühlschrank darf sich eigentlich jeder bedienen, wann er möchte." Biggi lächelte zurück und nun war es entgültig vorbei mit Thomas' Vorsätzen.
"Hallo, Erde an Thomas...", riss Ralf ihn wenige Augenblicke später aus seinen Tagträumen. Er ärgerte sich, Biggi die ganze Zeit schon fast unbewusst total angestarrt zu haben. "Ähm ja?" "Willst du dich nicht langsam umziehen gehen? Deine Schicht hat gerade begonnen." "Oh ja, ähm, gute Idee.", meinte Thomas nur und hatte es dann eilig in die Umkleide zu kommen. Oh Gott, was dachte Biggi jetzt nur von ihm, schoss es ihm in den Kopf. Doch sollte ihm das nicht eigentlich egal sein? Auf jeden fall hatte sie ihm heute wieder gezeigt, dass es so gut wie aussichtslos war, sie einfach aus seinen Gedanken zu verbannen und ihr aus dem Weg zu gehen. Ein Lächeln von ihr und schon war es um ihn geschehen.
Biggi ging sich ebenfalls umziehen. Auch sie musste feststellen, dass es leichter war, sich gute Vorsätze zu machen als sie dann auch wirklich einzuhalten. Thomas war aber auch wirklich charmant... seine Ehefrau konnte sich wirklich glücklich schätzen...und Biggi beneidete sie, und wie. Sie fragte sich die ganze Zeit, wie es nur weitergehen sollte. Klar war, dass aus Thomas und ihr niemals etwas werden würde, nein, niemals etwas werden durfte. Er war nun mal verheiratet und sie musste das akzeptieren. Auch wenn er nett zu ihr war, sehr nett, nein mehr noch, eigentlich hatten sie fast die ganze Zeit geflirtet, so schwer es ihr auch fiel, sie durfte nicht schwach werden. Und außerdem, wollte Thomas das überhaupt? Mit Sicherheit nicht Er war glücklich mit seiner Frau und Biggi kam zu dem Entschluss, dass sie sicherlich nur eine nette Kollegin für ihn war, mehr nicht.
Thomas und Biggi traten zur gleichen Zeit aus der Umkleide. "Dann bis morgen.", verabschiedete die Pilotin sich lächelnd. "Ja, bis dann." Beinahe wäre Thomas noch ein "Ich freu mich schon." rausgerutscht, aber er konnte es sich gerade noch verkneifen. Als Biggi an ihm vorbeiging streiften sich ihre Arme ganz leicht und sofort war da wieder dieses Knistern in der Luft. Biggi bekam eine Gänsehaut und das Kribbeln ihrem Bauch verstärkte sich. Thomas ging es ebenso. Verträumt blickte er ihr nach. An der Tür drehte sie sich noch einmal zu ihm um, lächelte ihn an und winkte. Der Pilot winkte nur in Gedanken versunken zurück und sah ihr dann noch so lange nach, bis sie aus seinem Blickfeld verschwunden war. Irgendetwas hatte diese Frau an sich, was ihn verzauberte, irgendetwas, was Vera nicht hatte etwas, was keine andere Frau, die ihm je begegnet war, hatte. Er musste sich wohl oder übel eingestehen, dass sie ihm total den Kopf verdreht hatte.
So vergingen die nächsten zwei Wochen. Thomas und Biggi hatten sich beide eingestehen müssen, dass sie sich hoffnungslos verliebt hatten und es sinnlos war zu versuchen, die Gefühle zu bekämpfen. Allerdings brachte das schlechte Gewissen sie immer wieder dazu, sich zusammenzureißen, sodass sie zwar häufig heftig miteinander flirteten, es aber niemals zu mehr kam als einer zärtlichen Berührung oder einem tiefen Blick in die Augen. Biggi ahnte, dass Thomas für sie ebenso mehr empfand als nur Freundschaft, schließlich hatte er ihr das fast täglich durch seine Blicke und unauffälligen, beinahe zufälligen Berührungen gezeigt. Doch sie vermutete, dass er seine Ehe nicht aufs Spiel setzen wollte und konnte das verstehen. Also akzeptierte sie es, oder versuchte es zumindest. Sie hatte jedoch nach wie vor das Gefühl, dass ihre und, so wie sie glaubte, auch Thomas' wahre Gefühle, das schlechte Gewissen irgendwann, in einer unerwarteten Situation, in den Schatten stellen würde. Sie wollte seine Ehe nicht zerstören, doch gegen ihre Gefühle war sie machtlos. Wie sehr hatte sie versucht, dagegen zu kämpfen, doch die letzten beiden Wochen hatten ihr gezeigt, dass es unmöglich war.
Thomas ging es ähnlich, immer wenn er zuhause, bei seiner Familie war, plagte ihn das schlechte Gewissen und an manchen Tagen hielt er es kaum noch aus und war kurz davor, Vera alles zu beichten, obgleich zwischen Biggi und ihm noch nichts vorgefallen war, zumindest nichts außer heftigen Flirts.
Als Biggi an diesem Samstagmorgen einkaufen fuhr und gerade ihr Motorrad vor dem Supermarkt abstellte, erkannte sie Thomas' Auto auf dem Parkplatz stehen. Im ersten Moment machte ihr Herz einen kleinen Hüpfer und sie hoffte, ihn dort anzutreffen, andererseits war da wieder das schlechte Gewissen, das ihr immer wieder sagte, sie solle ihn sich endlich aus dem Kopf schlagen. Doch für weitere Überlegungen war es zu spät, denn gerade als sie den Supermarkt betreten wollte, kamen Thomas und Vera mit einem vollen Einkaufswagen heraus. "Oh ähm... hallo Biggi...", meinte Thomas überrascht und vielleicht sogar ein wenig erschrocken. Immerhin waren Biggi und Vera sich noch nie begegnet und er wusste im ersten Moment überhaupt nicht, wie er sich nun verhalten sollte. Vera durfte nichts bemerken.. "Darf ich vorstellen, Biggi Schwerin, unsere neue Pilotin, Vera meine Frau.", meinte er dann, wobei er Biggi die ganze Zeit ansehen musste und er wieder dieses Kribbeln im Bauch verspürte. Er konnte einfach nicht anders. Wie wunderschön sie heute doch wieder aus sah, in dem kurzen T-Shirt und mit der Sonnebrille, die sie sich ins Haar gesteckt hatte. Wie bitteschön sollte es ihm da auch gelingen, seinen Blick von ihr abzuwenden? Vera hatte dies natürlich längst bemerkt. Das war sie also, diese Biggi. Vera musste zugeben, dass die junge Pilotin äußerst attraktiv war, und recht sympathisch schien sie auch. Was ihr allerdings gar nicht sympathisch war, war dass Thomas seinen Blick die ganze Zeit nicht von Biggi abwenden konnte und die beiden sich ununterbrochen anlächelten. Auch Biggi hatte Vera bemüht unauffällig gemustert. Ihre Konkurrentin. Im nächsten Augenblick schalt sie sich bereits selbst dafür, dass sie so etwas dachte. Vera war Thomas' Frau, nicht ihre Konkurrentin. Sie musste ihn sich endlich aus dem Kopf schlagen, doch es gab weitaus einfachere Dinge als das.
Biggi und Vera reichten sich höflich die Hand, wussten allerdings nicht recht, was sie sagen sollten. "Und, haben Sie sich inzwischen gut eingelebt?", fragte Vera schließlich etwas kühl. "Ja, danke. Das ganze Team ist total lieb und der Heli ja sowieso klasse.", meinte Biggi und lächelte. "Tja, ich fürchte, ich muss dann los. Ich hab heute noch einiges zu erledigen.", entschuldigte sie sich dann mit einem Blick auf die Uhr. Sie musste einfach von hier weg, sie fühlte sich total unwohl in der Gegenwart von Thomas' Frau. Schließlich hatte die all das, was sie sich ersehnen würde, im Innersten ihres Herzens. Sie konnte das einfach nicht mehr mit ansehen, viel leichter fiel es ihr, Thomas bei der Arbeit allein anzutreffen, da sie dort nicht andauernd an Vera erinnert wurde. "Gut, dann ... ähm ... sehen wir uns morgen.", meinte Thomas und lächelte sie verlegen an. Biggi nickte. "Ja, morgen. Also ... ich wünsche euch noch einen schönen Samstag ..." "Danke.", erwiderten Vera und Thomas gleichzeitig. "Dir auch.", fügte Thomas hinzu. Und so gingen sie getrennte Wege. Biggi trat durch den Eingang, während Thomas und Vera ihr Auto aufsuchten, um die Sachen einzuladen. Als Biggi hinter dem ersten Regal stand, drehte sie sich vorsichtig um und blickte aus dem Schaufenster. Dort stand Thomas, neben Vera, die gerade den Kofferraum schloss. Und er drehte sich tatsächlich um, blickte in ihre Richtung. Sie wusste nicht, ob er sie gesehen hatte, sie jedenfalls beobachtete ihn noch so lange, bis das Auto endgültig verschwunden war.
Seufzend machte sie sich dann daran, ihre Einkäufe zusammenzusuchen.
Am nächsten Morgen hatte sie mit Gabi und Ralf Frühschicht. "Es ist eine Schande, am Sonntag müssen wir um sechs Uhr morgens hier antanzen und auf Einsätze warten, die sowieso kaum vorkommen. Wer will so früh denn schon gerettet werden.", beklagte sich Ralf bei Gabi und Biggi. "Keine Ahnung, Schatz, aber mach doch das Beste draus. Wir frühstücken gemütlich und die Kuschelstunden mit mir haben dir auch noch jedes Mal gut getan.", meinte Gabi und verpasste ihm einen zärtlichen Kuss. Darauf musste Ralf eingestehen, dass sie wohl Recht hatte. Biggi seufzte leise, während sie die beiden beobachtete. Sie malte sich die ganze Zeit aus, wie schön es doch wäre, wenn sie jetzt mit Thomas ein paar gemütliche Stunden verbringen könnte, verfluchte sich jedoch sofort danach wieder für diesen Gedanken. Sie musste sich eingestehen, dass es wirklich zwecklos war, sie hatte ihr Herz an ihn verloren und dass er verheiratet war, war vielleicht ein Grund aber kein Hindernis. Die ganze Zeit schon fragte sich Biggi, ob er mit Vera wohl sehr glücklich war. Hatte sie überhaupt eine Chance? Seinem Verhalten nach zu urteilen räumte Biggi sich insgeheim sogar eine recht große Chance ein, doch sie wollte Thomas' Familie nicht zerstören, so schwer es ihr auch viel, sie musste ihre eigenen Gefühle für den Piloten in den Hintergrund stellen.
Thomas saß zur selben Zeit mit seiner Familie am Frühstückstisch und fragte sich, ob Vera am vorigen Tag etwas bemerkt hatte. Seitdem wirkte sie irgendwie verändert auf ihn. Zwar hatte sie das Thema "Biggi" nicht ein einziges Mal angesprochen, doch irgendwie bemerkte er, dass sie über irgendetwas nachdachte. Ihr kühles Verhalten Biggi gegenüber hatte er natürlich auch bemerkt. Aber sie konnte doch eigentlich gar nichts bemerkt haben, oder? Das war doch eigentlich unmöglich, schließlich hatte er sich doch recht unauffällig verhalten, oder nicht? Er hoffte es zumindest.
Als Lisa und Laura vom Frühstückstisch aufgestanden und nach oben gegangen waren, beschloss Thomas sie schließlich doch darauf anzusprechen. "Ist alles in Ordnung?", fragte er vorsichtig nach. "Jaja, natürlich, was sollte denn nicht in Ordnung sein?", fragte Vera ihn und versuchte möglichst verwundert zu klingen. "Sicher?" "Ja, doch, Thomas. Was soll denn das jetzt?", meinte sie ein wenig gereizt. "Schon gut, du... du sahst nur so nachdenklich aus...", stellte er fest. "Ich bin nur müde, das ist alles. Wirklich." Thomas gab sich mit dieser Antwort zufrieden, obgleich sie ihn nicht so ganz überzeugt hatte. Vera hingegen fragte sich, ob sie ihm doch hätte die Wahrheit sagen sollen. Gar nichts war in Ordnung und sie grübelte schon das ganze Wochenende, seit dem Einkauf am Samstag morgen darüber nach, ob zwischen Thomas und Biggi noch mehr war als nur Freundschaft. Natürlich war ihr sein verändertes Verhalten, seit die Pilotin auf die Basis gekommen war, aufgefallen. Zunächst hatte sie es auf die oft dramatischen Einsätze geschoben, doch als es sich nach zwei Wochen noch immer nicht geändert hatte, wusste sie, dass etwas anderes dahinterstecken musste. Und nun fragte sie sich die ganze Zeit, ob es Biggi war. Wie die beiden sich angesehen hatten, Thomas hatte ja kaum seinen Blick von seiner Kollegin abwenden können. Das hatte sie sich doch nicht nur eingebildet, oder doch? Vielleicht steigerte sie sich da wirklich in etwas rein? Sie grübelte noch lange darüber nach, auch als Thomas bereits auf dem Weg zur Basis war, doch zu einer Entscheidung kam sie nicht.
Biggis Gesicht hellte sich sofort auf, als Thomas den Aufenthaltsraum betrat, und sie strahlte ihn an. Thomas verspürte sofort wieder Schmetterlinge im Bauch und lächelte zurück. "Und, wie war die Schicht?", fragte er Biggi dann. "Nicht sehr aufregend, es war eigentlich alles ruhig." "Na was will man am Sonntagmorgen mehr?" "Mit dir zusammen aufwachen, gemeinsam gemütlich frühstücken...", hätte Biggi am liebsten geantwortet, doch sie unterließ es natürlich und zuckte bloß mit den Schultern. Thomas wollte gerade noch etwas sagen, als ihm die Alarmsirene zuvorkam. "Rettungsleitstelle an Medicopter 117, Verkehrsunfall auf der B 407 in der Nähe von Rosenheim GPS Koordinaten folgen per Funk." Das B Team stöhnte auf, mal wieder ein Einsatz zehn Minuten vor Schichtwechsel, doch es blieb ihm nichts anderes übrig. Sie schnappten sich die Ausrüstung und eilten zum Helicopter. Thomas war ihnen langsam bis zum Hangar gefolgt und schließlich in einigen Metern Entfernung vor der Landeplattform stehen geblieben. Als Biggi abhob, winkte er ihr noch einmal. Biggi winkte ihm lächelnd zurück, wobei sie Mühe hatte sich auf den Heli zu konzentrieren anstatt auf ihren Kollegen, der sie gerade so bezaubernd angelächelt hatte. Gabi und Ralf warfen sich einen vielsagenden Blick zu, sie hatten schon von Anfang an bemerkt, dass ihre beiden Piloten ein Auge aufeinander geworfen hatten.
Der Einsatz war glücklicherweise kein schwerwiegender und so landete Biggi bereits zwanzig Minuten später auf dem Rollbrett vor dem Hangar. Thomas hatte bereits auf sie gewartet, er wollte noch kurz mit ihr reden, wegen der Begegnung am Samstag. Biggi hatte gerade die Turbinen heruntergefahren, da öffnete er auch schon ihre Tür. Biggi verspürte abermals dieses mächtige Kribbeln in der Magengegend und ehe sie sich versah, war sie in Thomas Arme gehüpft und stand dann vor ihm. Er hatte jedoch immer noch seine Hand auf ihrem Arm liegen und Biggi wurde immer abwechselnd heiß und kalt. Sie war ja so verliebt in ihn und am liebsten wäre sie ihm jetzt einfach um den Hals gefallen und hätte ihn geküsst. Aber das ging natürlich nicht. Sie musste sofort wieder an Vera denken und ihr schlechtes Gewissen ermahnte sie abermals, die Finger von Thomas zu lassen. "Ähm... Biggi... ich wollte mich bei dir entschuldigen..." Biggi sah ihn verwundert an. "Aber wofür denn?" "Wegen Vera. Dass sie am Samstag so unfreundlich zu dir war.", meinte Thomas und sah ein wenig verlegen auf den Boden. "Ach Quatsch, wir kennen uns doch kaum und ich fand eigentlich auch nicht, dass sie unhöflich war. Vielleicht war sie ein wenig gestresst." "Ja, vielleicht.", murmelte Thomas nur und wieder fragte er sich, ob Vera etwas bemerkt hatte. Er bemerkte plötzlich, dass seine Hand noch immer auf Biggis Arm lag und wollte sie gerade langsam wegnehmen, als Biggi ihre andere Hand auf seine legte und ihn somit daran hinderte. Die Berührung löste wieder eine Welle neues Kribbeln in ihm aus. Er schaffte es nicht, etwas zu sagen, blickte ihr nur tief in die Augen. "Ich ... äh ... ich", stammelte er. Sein Kopf kam dem Ihren immer näher. Schließlich legte sich seine andere Hand an ihre Hüfte, und er zog sie zu sich heran. Biggi schwebte auf Wolken. Wolken, die sich nur aus Gefühlen für Thomas aufbauten. "Thomas.", sagte sie leise. "Was macht ihr denn hier?", hörten sie dann plötzlich eine Stimme neben sich. Es war Max. Erschrocken nahm Thomas die Hand von ihrer Hüfte, und auch Biggi ließ seine Hand los. "Wir ... äh ... ich habe Biggi aus dem Heli geholfen, sie hat sich irgendwie verharkt.", stammelte Thomas nervös. "Ja, genau.", bestätigte Biggi und nickte zusätzlich. "Aha. Langsam müsstest du doch den Heli kennen, Biggi.", meinte Max und grinste. "Eben noch immer nicht gut genug." "Na fein, dass Thomas gleich zur Stelle war.", bemerkte Max und hörte nicht auf zu grinsen. "Ja, das war günstig.", sagte Biggi nur und meinte dann: "Ich muss dann gehen. Bis später." Sie hoffte, dass Max und Thomas nicht bemerkt hatten, wie rot sie geworden war und eilte schnell in die Umkleide. Thomas blickte ihr nur verträumt hinterher. Max bemerkte das natürlich. "Pass auf, dass dir nicht die Augen herausfallen.", meinte er grinsend. Thomas drehte sich erschrocken um. "Wie... was...?" "Komm, hilf mir lieber, den Heli zu checken.", bat Max ihn, ohne weiter auf die Bemerkung einzugehen.
Biggi traf in der Umkleide auf Gabi, die gerade dabei war, sich die Schnürsenkel zuzubinden. "Was hast du denn die ganze Zeit gemacht?", wollte Gabi wissen, da sie selbst immerhin schon beinahe fertig umgezogen war. "Ich...ähm... ich war noch kurz mit Thomas beim Heli. Wir hatten noch etwas zu besprechen." "Thomas hat's dir ganz schön angetan, hm?" Biggi sah ihre Kollegin ein wenig erschrocken an, obgleich sie sich eigentlich hatte denken können, dass es den anderen nicht verborgen geblieben war. Im Prinzip war es unübersehbar, dass Thomas und sie einander total den Kopf verdreht hatten. "Naja...", druckste Biggi herum. "Wenn er nicht verheiratet wäre...", seufzte sie dann. Gabi sah ihre Freundin an und sie merkte, wie sehr Biggi das alles fertig machte. "Ach Gabi...", meinte die Pilotin leise und ließ sich dann von ihrer Kollegin, die ihr in den letzten Wochen eine sehr gute Freundin geworden war, tröstend in den Arm nehmen. "Was sagt Thomas denn dazu?", fragte sie Biggi dann. "Ich weiß es nicht... Er ist doch verheiratet und hat zwei kleine Kinder. Ich will sein Glück nicht zerstören und ich glaube auch kaum, dass er das will.", äußerte Biggi traurig ihre Bedenken. Gabi überlegte. "Aber so wie er dich immer ansieht... der war doch schon, als er dich das erste mal gesehen hat, total hin und weg. Also, wenn du mich fragst, und ich kenne ihn nun schon einige Jahre, er hat sich total in dich verguckt. " "Meinst du wirklich?", fragte Biggi zögerlich, obgleich sie wusste, dass Gabi schon Recht hatte. Thomas' Verhalten sprach eigentlich für sich. "Ja, ich bin mir ziemlich sicher, Biggi." Die Pilotin freute es total, das zu hören und sie triumphierte innerlich regelrecht. Doch das Problem mit Vera wurde dadurch leider auch nicht kleiner und schon gar nicht gelöst.
In den nächsten Tagen passierte nicht viel. Biggi hatte Gabi mehr als nur einmal ihr Herz ausgeschüttet, doch die Notärztin wusste auch nicht so recht, was sie ihrer Freundin raten sollte. Natürlich liebte Biggi Thomas, doch wenn die beiden etwas miteinander anfangen würden, würde es früher order später seine Familie kaputt machen. Wie also konnte Gabi ihr mit diesem Wissen im Hinterkopf dazu raten? Andererseits merkte sie selbst, dass auch Thomas sich zu Biggi hingezogen fühlte, und gegen die Liebe war man nun einmal machtlos.
An diesem Abend hatte das B Team die Spätschicht. Es regnete draußen in Strömen und Ralf, Biggi und Gabi waren froh, drinnen im warmen Aufenthaltsraum sitzen zu können. Hoffentlich kam jetzt vor Schichtende nicht noch ein Einsatz... Doch an diesem Abend hatten sie Glück und alles blieb ruhig. Pünktlich zum Schichtende konnten die drei in der Umkleide verschwinden. Während Gabi und Ralf sich nur schnell umzogen, weil sie noch etwas vorhatten an diesem Abend, genehmigte Biggi sich erst einmal eine ausgiebige, heiße Dusche. Sie war wieder einmal total in ihren Gedanken versunken und dachte, wie in den letzten Wochen fast ausschließlich, wieder einmal an Thomas. Was er wohl gerade tat. Ihr wurde fast schlecht bei dem Gedanken, dass er jetzt vielleicht gerade irgendwas mit Vera unternahm. Doch das tat er nicht. Thomas saß zur selben Zeit in seinem Auto und fuhr die kurvige Landstraße entlang, die an der Salzach entlang direkt zur Basis führte. Hatte er doch heute Mittag nach der Frühschicht tatsächlich sein Handy dort vergessen. Dabei wollten Vera und er heute schick Essen gehen, da es ihr Hochzeitstag war, und er brauchte das Handy, damit die Kinder anrufen konnten, falls zuhause etwas nicht in Ordnung war. Da er so in Eile war, bemerkte er nicht, dass Biggis Motorrad noch auf dem Parkplatz stand. Er rechnete nicht damit, noch jemanden anzutreffen, immerhin war die Schicht des B Teams seit einer Stunde um und drinnen schien alles dunkel zu sein. Gabi und Ralf hatten die Basis tatsächlich schon vor einer guten halben Stunde verlassen, doch Biggi war gerade erst fertig umgezogen und packte gerade ihre Sachen in ihren kleinen Lederrucksack. Dann trat sie in den Flur hinaus, wo alles dunkel war. Für die wenigen Meter zum Ausgang machte sie jedoch nicht extra noch Licht an. Doch gerade, als sie um die Ecke gehen wollte, stieß sie mit jemandem zusammen. Vor Schreck stieß die Pilotin einen kleinen Schrei aus, sie war fest davon ausgegangen, allein auf der Basis zu sein. "Oh Gott, Biggi, hast du mich jetzt erschreckt.", vernahm sie dann jedoch Thomas' Stimme. "Alles ok?", fragte er dann ein wenig besorgt, während er ihr sanft die Hand auf die Schulter legte. "Ja, alles ok... aber... was machst du um diese Zeit hier?", wollte sie dann wissen, wobei sie ihm tief in die Augen sah. Sie genoss seine Nähe so wahnsinnig, obgleich sie wusste, dass es eigentlich nicht sein durfte. "Ich... ich habe mein Handy vergessen...", antwortete Thomas zögernd. Biggi hatte ihn vollkommen in ihren Bann gezogen. Ganz langsam näherte er seine Hand ihrem Gesicht und strich ihr dann zärtlich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Biggi hatte das Gefühl, dass sie eine ganze Helicopterstaffel verschluckt hatte, die nun ihn ihrem Bauch umherkreiste. Sie näherte sich ihm ganz langsam und Thomas legte schließlich sanft die Arme um sie. Biggi tat es ihm gleich und so standen sie dort und sahen sich eine ganze Weile einfach nur in die Augen. Es lag ein gewaltiges Knistern in der Luft und schließlich strich Biggi ihm mit der Hand sanft über die Wange. Thomas lächelte sie verliebt an und Biggi tat es ihm nach. Dann näherten sich ihre Gesichter Millimeter für Millimeter einander, bis sich ihre Lippen schließlich ganz sanft berührten und sie begannen sich zu küssen. Es war ein unheimlich langer und zärtlicher Kuss und als sie sich schließlich langsam wieder voneinander lösten, blickten sie sich abermals tief in die Augen. Sie hatten es beide unheimlich genossen und lächelten sich verliebt an. "Thomas... wir dürfen das nicht... was ist mit Vera?", meinte Biggi erschrocken und holte somit auch Thomas in die Realität zurück. Eine einzige Sekunde dachte er noch an Vera, die zuhause saß und auf ihn wartete, damit sie endlich los konnten, doch dann wurde er sofort wieder von Biggis Anblick verzaubert. Sie wollte gerade wieder etwas sagen, als Thomas ihr sanft den Finger auf die Lippen legte. "Psst...", meinte er leise und küsste sie dann erneut. Biggi erwiderte es glücklich und ihr schlechtes Gewissen rückte in weite Ferne. "Ich...ich glaube, ich habe mich in dich verliebt.", sagte Thomas dann leise, nachdem sie sich nach einer halben Ewigkeit wieder voneinander gelöst hatten. Er sah ihr tief in die Augen und Biggi lächelte. "Ich liebe dich, Thomas, vom ersten Augenblick an...", gestand sie ihm dann, woraufhin Thomas sie anstrahlte und sie dann erneut in einem leidenschaftlichen Kuss versanken. Nun war es passiert. Da halfen alle Vorsätze und alles Wissen über die Probleme nichts, sie waren nun doch schwach geworden. Gegen die Liebe war man nun einmal machtlos.
Zur selben Zeit saß Vera fertig umgezogen und geschminkt in der Küche und wartete auf Thomas. Sie wurde langsam unruhig, denn er hätte schon längst zurück sein müssen. Ungeduldig schritt sie auf dem Flur auf und ab und blickte dabei immer wieder auf die Uhr. Sie verstand das einfach nicht. Thomas konnte doch nicht länger als eine halbe Stunde zur Basis und wieder zurück brauchen. Sie beruhigte sich mit dem Gedanken, dass er vielleicht erst das Handy suchen musste.
Thomas tat allerdings alles andere als etwas zu suchen. Er hatte längst gefunden. Von außen erschien die Basis in dieser Nacht ruhig und verlassen, doch drinnen lag etwas Einzigartiges in der Luft. Die ersten, zaghaften Berührungen der beiden Piloten hatten sich zu wilden, leidenschaftlichen Küssen gewandelt. Alles, was sich in den letzten Wochen an Gefühlen aufgestaut hatte, wurde jetzt losgelassen, und das war eine ganze Menge. "Ich liebe dich so, ich hätte es dir am liebsten schon am ersten Tag gesagt.", sagte Thomas zu Biggi, bevor sich ihre Lippen wieder vereinten und Thomas' Hand sich unter Biggis Bluse schob. Schließlich hob er sie hoch und trug sie auf den Armen in den Aufenthaltsraum, wo sie sich auf das Sofa sinken ließen. Nach einem weiteren Meer von Küssen meinte Biggi leise: "Ich glaube, ich träume." "Mir geht's genauso.", erwiderte Thomas und lächelte sie überglücklich an. "Aber ich ... ich muss immer ... an Vera denken.", sagte Biggi bedrückt. Thomas strich ihr zärtlich über die Wange. "Vergiss sie. Ich liebe nur dich." Daraufhin küssten sie sich abermals, immer stürmischer, und irgendwann hatte Thomas alle Knöpfe von Biggis Bluse aufgeknöpft und zog sie ihr aus, worauf sie ihm das Shirt über den Kopf zog. Während sie sich weiter küssten, griffen Biggis Hände zu seiner Hose, und bald fiel ein Kleidungsstück nach dem nächsten zu Boden, bis sie gar nichts mehr anhatten und einer heißen Liebesnacht nichts mehr im Weg stand. Sie konnten ihre Gefühle und Emotionen kaum mehr im Zaum halten und schliefen mit einer derartigen Hingabe und Leidenschaft miteinander, wie sie es beide in ihren besten Tagen nicht annähernd erlebt hatten. Drei Stunden später lagen sie Arm in Arm in einem tiefen Schlaf. Biggi hatte ihren Kopf auf Thomas' Brust gelegt, und sie hatten sich mit einer Wolldecke zugedeckt.
Vera hatte inzwischen alle Hebel in Bewegung gesetzt und war im Taxi auf dem Weg zur Basis. Die Nachbarin passte auf die Kinder auf, da sie ja ohne Erreichbarkeit per Handy schlecht alleine bleiben konnten. Veras Miene war grimmiger denn je, und sie hatte vor, Thomas die Szene aller Szenen zu machen, würde er nicht wirklich eine hervorragende Ausrede parat haben, um sich für sein Verhalten zu entschuldigen.
Biggi und er wurden durch das Geräusch eines parkenden Autos vor der Basis geweckt. Vera. Verschlafen blinzelte Thomas aus dem Fenster und bekam fast einen Herzstillstand. "Scheiße, das ist Vera! Vera ist dort draußen!", rief er panisch, worauf natürlich auch Biggi erschrak und sofort hellwach war. Thomas packte seine Hose, zog sie sich in Windeseile über und darüber das Shirt, während Biggi nichts besseres wusste als unter das Sofa zu kriechen. "Ich bin dann hier unten.", raunte sie ihm zu und war versteckt hinter der Decke zum Glück kaum zu sehen. In der allerletzten Sekunde bemerkte Thomas noch ihren Slip und steckte ihn in eine Schublade. Dann eilte er auf die Tür zu und stieß dabei fast mit Vera zusammen. "H ... h ... hi, Vera. Es tut mir so Leid.", brachte er nur raus, als er in ihr zorniges Gesicht sah. "Was hast du mir zu sagen?", fragte sie ihn bissig. "Ich ... ich ... habe das Handy gesucht, dann ... dann bin ich in den Umkleideraum und ... dort war es auch, aber ich muss mich irgendwie ... eingesperrt haben. Dann hab ich Max angerufen, dass er kommt, aber er stand im Stau und hat es erst vorhin hergeschafft. Er ist grade weg." "Soso, grade weg." Thomas nickte bestätigend. "Und warum hast du mich nicht angerufen?", fragte sie dann in erhobenem Ton, wobei ihre Augen blitzten. "Ich ... ich dachte, es wäre nicht nötig ... ich hab Max eigentlich sofort erwartet und wollte dich daher nicht beunruhigen." "Beunruhigen? Was meinst du denn, hab ich gemacht? Mich nicht beunruhigt?" "Es ... es tut mir so Leid ...", sagte Thomas mit gesenktem Kopf. "Komm, lass uns fahren. Ich warte im Auto auf dich.", sagte Vera nur. Thomas nickte. Kaum war Vera gegangen und hatte sich draußen ins Auto gesetzt, drehte Thomas sich um, nahm unter dem Sofa die Decke weg und half Biggi raus. Diese atmete tief aus und meinte: "Das war knapp. Wart ihr denn verabredet?" "Allerdings.", meinte Thomas betrübt. "Wir haben heute Hochzeitstag." "Oh Mann.", lachte Biggi sarkastisch auf. "Das passt ja wunderbar. Es tut mir so Leid. Wenn ich nicht wäre, dann hättest du all diese Probleme nicht." "Wenn du nicht wärst, wäre mein Leben inzwischen sinnlos!", wehrte Thomas ab. Er nahm sie an den Händen und blickte ihr tief in die Augen. "Ich liebe dich. Über alles, Biggi. Ich wäre jetzt nirgends lieber gewesen als bei dir." "Ich liebe dich doch auch.", seufzte Biggi leise. "Ich glaube, du musst jetzt los.", meinte sie dann mit einem Blick nach draußen. Thomas nickte nur. Dann nahm er sie in die Arme und drückte sie innig an sich. Als sie sich schweren Herzens wieder losließen, hob er die Decke vom Boden auf und deckte sie behutsam damit zu. "Bis bald. Pass auf dich auf." Biggi nickte. Sie sah ihm noch nach, wie er nach draußen auf den Parkplatz ging und ins Auto stieg. Leise seufzend ließ sie sich aufs Sofa sinken, als sie die Rücklichter schließlich nicht mehr sehen konnte. Nun war es also passiert. Sie hatte mit Thomas geschlafen, irgendwann hatte es so kommen müssen, das hatte sie schon lange geahnt. Eigentlich war sie überglücklich und hatte die Stunden mit ihm so sehr genossen, wie noch nie einen Abend zuvor. Doch sofort meldete sich auch wieder das schlechte Gewissen Vera gegenüber. Wie sie Thomas angefunkelt hatte, Biggi hatte es genau gesehen und ihr war klar, dass Vera Thomas mit Sicherheit eine riesige Szene machen würde. Hoffentlich ging das gut..., dachte die Pilotin sich. Doch andererseits war nach dieser Nacht mit Thomas der Wunsch, mit ihm zusammen zu sein, so enorm groß geworden, dass Biggi sich fragte, ob es ihr überhaupt noch möglich war, auf Vera Rücksicht zu nehmen. Sie liebte Thomas über alles und er liebte sie auch, daran hatte sie nach dieser gemeinsamen Liebesnacht und seinen vielen Liebesbezeugungen nicht mehr den geringsten Zweifel. Noch immer unschlüssig darüber, wie es jetzt zwischen ihnen weitergehen sollte, suchte Biggi schließlich ihre Sachen zusammen und zog sich an. Dann machte sie sich auf den Heimweg, immerhin war es bereits mitten in der Nacht. Glücklicherweise hatte sie erst die zweite Schicht, doch sofort dachte sie wieder an Thomas, der morgen schon zur Frühschicht auf der Basis erscheinen musste.
Dieser lag zur selben Zeit bereits zuhause neben Vera im gemeinsamen Ehebett. Beide allerdings lagen ganz am Rand. Sie hatten einen heftigen Zoff gehabt und Vera hatte Thomas eine heftige Szene gemacht. Natürlich war ihr aufgefallen, dass Thomas' Erklärung nur eine billige Ausrede war. Sie enthielt einfach zu viele Zufälle. Er in der Umkleide eingeschlossen, Max im Stau und das nachts und dazu konnte er nicht mal anrufen, wenn er später kam. Thomas hatte immer wieder versucht, seine Unschuld zu beteuern, doch er merkte schnell, dass Vera ihm das nicht so ganz abnahm. So waren sie an ihrem Hochzeitstag im Streit schlafen gegangen, da sie am nächsten Morgen beide früh rausmussten und schließlich beide keine Lust mehr gehabt hatten, sich noch weiter anzuschreien und zu streiten. Doch Thomas war klar, dass die Sache noch nicht ausgestanden war. 'Zum Glück hat sie Biggis Motorrad nicht gesehen.', dachte er sich nur, bevor er versuchte, endlich seine Gefühle zu ordnen. Dies gestaltete sich jedoch schwierig. Klar war, dass er Biggi liebte. Das hatte er sich schon vor einigen Wochen eingestanden, er konnte dieses Gefühl einfach nicht mehr verdrängen, dazu war es viel zu stark. Doch er liebte auch seine beiden Töchter und ihm war klar, dass Vera ihm die Kinder wegnehmen würde, würde er sich von ihr trennen. Und Vera? Ja, er hatte auch noch Gefühle für sie. Immerhin war sie seine Frau. Doch es war bei weitem nicht das gleiche wie bei Biggi. Bei Vera war es mehr Gewohnheit, sie lebten nun schon seit Jahren zusammen, aber wirklich lieben tat er sie nicht mehr, das musste er sich eingestehen. Doch der Kinder zu Liebe musste er bei ihr bleiben, oder? Er zerbrach sich noch einige Stunden den Kopf darüber, doch er kam auf keinen grünen Zweig. Er wusste nicht, was er tun sollte. Biggi wollte er nicht aufgeben, und Vera durfte er nicht aufgeben.
Er hatte gerade eine Stunde geschlafen, als der Wecker bereits läutete. Frühschicht war angesagt. Er quälte sich mühevoll aus dem Bett. Vera tat so, als würde sie schlafen, was allerdings nicht der Fall war. Sie hatte nur keine Lust, ihrem Mann einen guten Morgen zu wünschen, wo sie ihm gerade alles Schlechte wünschte. Ihre Wut hatte in keinem Sinn nachgelassen, eher im Gegenteil.
So verließ Thomas auf leisen Sohlen das Haus. Auf der Basis fiel Michael und Peter sofort auf, dass der Pilot wohl nicht viel Schlaf erwischt hatte in dieser Nacht. "Ihr scheint euren Tag ja ganz schön lange gefeiert zu haben.", meinte Michael. "Wenn du nur wüsstest.", seufzte Thomas. "Was meinst du damit?" "Ach nichts, ich hab nur schlecht geschlafen." "Ach so.", erwiderte Michael, wusste aber nicht so recht, ob er seinem Freund glauben konnte. Aber er kannte ihn und hielt es für richtig, ihn erst einmal in Ruhe zu lassen.
Während der ganzen Schicht tat Thomas nichts anderes, als auf das Motorengeräusch von Biggis Motorrad zu warten. Je näher die Stunde rückte, in der sie kommen musste, desto schwächer wurde das Vorhaben, ihr zu sagen, dass sich die Geschehnisse der vergangenen Nacht niemals wiederholen würden. Er konnte es kaum mehr erwarten, sie zu sehen und sie einfach in die Arme zu nehmen und zu küssen.
Er hatte Glück, Biggi kam schon eine halbe Stunde vor Beginn ihrer Schicht. Nach der letzten Nacht konnte sie es kaum mehr erwarten, Thomas endlich wieder zu sehen. Der Pilot hatte ihr Motorrad bereits gehört und fing sie gleich auf dem Parkplatz ab. "Hallo meine Süße.", begrüßte er sie und lächelte sie verliebt an. Biggi tat es ihm nach. Am liebsten hätte sie ihn auf der Stelle geküsst, doch sie ahnte, dass Peter und Michael sie vom Aufenthaltsraum aus beobachteten. Wenige Sekunden später fasste Thomas jedoch nach ihrer Hand und zog sie mit um die Ecke hinter das Basisgebäude, sodass sie sich nicht mehr im Sichtfeld eines Fensters befanden. "Die letzte Nacht mit dir war wunderschön...", meinte Biggi schwärmend, bevor sie sich in Thomas' Arme sinken ließ und die beiden sich leidenschaftlich küssten. Sie konnten gar nicht mehr aufhören, zu lange war es schon wieder her, dass sie sich das letzte Mal zärtlich berührt hatten. Thomas hatte seine Hände um ihre Hüften gelegt und sie ganz nah an sich gezogen. "Ich hab dich so vermisst. Die ganze Zeit.", meinte er leise zu ihr und lächelte sie an. "Ich dich doch auch.", seufzte Biggi und strich ihm zärtlich über die Wange. "Hat es denn noch Probleme mit Vera gegeben?", fragte sie besorgt nach. "Bitte lass uns nicht darüber reden. Die wenigen Momente, die wir für uns allein haben, müssen wir für schönere Dinge nützen.", meinte er unternehmungslustig. "Du hast ja Recht.", stimmte Biggi ihm zu und küsste ihn wieder. Als sie nach einer halben Ewigkeit wieder voneinander abließen, gingen sie gemeinsam auf den Basiseingang zu. Biggi wollte sich umziehen, bevor ihre Schicht begann. Ein kurzer Blick in den Aufenthaltsraum sagte den beiden, dass Peter und Michael dort schwer mit ihren Berichten beschäftigt waren. Sie hatten ihre beiden Kollegen gar nicht bemerkt. Thomas wollte sich vor der Tür zur Frauenumkleide am liebsten gar nicht von Biggi trennen. Ihr ging es ebenso und so zog sie ihn kurzer Hand mit in die Umkleide. "Am liebsten würde ich jede Sekunde meines Lebens mit dir verbringen.", meinte Thomas lächelnd, während er Biggi in die Arme schloss. "Geht mir genauso.", erwiderte sie glücklich und küsste ihn dann. Die Probleme und das schlechte Gewissen Vera gegenüber waren vergessen und für die beiden Piloten zählte nur das Hier und Jetzt. Stürmisch küssend ließen sie sich schließlich auf der Bank in der Umkleide nieder und Biggi begann langsam den Reißverschluss von Thomas Overall zu öffnen, während seine Hände zärtlich unter ihr T-Shirt glitten. Die Pilotin genoss seine zärtlichen Berührungen so sehr und vergaß total, dass sie sich auf der Basis befanden und jeden Moment jemand in die Umkleide platzen konnte. "Ich liebe dich so.", flüsterte Thomas zwischen zwei Küssen. Biggi lächelte ihn verliebt an. "Und ich dich erst.", gab sie ebenfalls flüsternd zurück. Wieder küssten sie sich stürmisch, sie wollten am liebsten gar nicht mehr damit aufhören und vergaßen alles um sich herum. Ein schwerer Fehler, wie sich wenige Minuten später herausstellte. Gut gelaunt war Gabriele vor die Tür der Frauenumkleide getreten und öffnete sie nun schwungvoll. Beinahe hätte sie die Tür sofort wieder zufallen lassen, als sie vor sich das Liebespaar schwer beschäftigt auf der Bank erblickte. Biggi und Thomas blickten erschrocken auf. "Hi, Gabi.", meinten sie wie aus einem Mund. "Guten Morgen, ihr beiden. Ich sehe schon, ich störe wohl.", sagte die Notärztin, drehte sich daraufhin um und schloss wieder die Tür hinter sich. "Oh Mann. Lange konnten wir das nicht geheim halten.", meinte Thomas. Klar, Gabi war ihre Freundin, aber trotzdem war es ihnen unangenehm, dass ihre Affäre so früh schon aufgeflogen war. "Das macht doch nichts. Sie weiß ohnehin davon, was ich für dich empfinde.", meinte Biggi. Thomas nickte. "Ich glaube, ich werd mich dann auch mal besser umziehen. Hören wir uns heute noch?", fragte Thomas sie. "Gerne, aber du rufst mich wohl besser an." "Ok. Ich liebe dich, Süße." "Ich dich auch. Aber jetzt mach besser, dass du nachhause kommst." Thomas nickte betrübt. Wie gerne wäre er noch bei ihr geblieben und hätte den Rest des Tages mit ihr verbracht, aber das war unmöglich, Vera würde noch skeptischer werden als sie ohnehin schon war, und das konnte er sich nicht leisten. So küssten sie sich nochmal innig und zärtlich, bevor Thomas schweren Herzens den Umkleideraum verließ. Biggi war kaum fünf Minuten allein, als Gabi wieder hereinkam. Sie hatte beobachtet, wie Thomas draußen vom Parkplatz gefahren war. "Hi.", meinte Biggi lächelnd. Gabi lächelte zurück und fragte dann vorsichtig: "Meinst du, das geht gut?" "Ich weiß es nicht.", erwiderte Biggi betrübt und sah ihre Freundin hilflos an. "Ich gönne euch das Glück von ganzem Herzen, Biggi, das weißt du. Aber ich glaube, ich muss dir sagen, dass das ganz schön gefährlich ist, was ihr macht." "Ich weiß." Sie setzten sich nebeneinander auf die Bank und umarmten sich erstmal. "Aber ... ich weiß einfach nicht, was ich tun soll ... ich liebe ihn so, und er mich auch.", meinte Biggi. "Wann habt ihr es euch denn gesagt?" "Heute Nacht. Es war totaler Zufall, ich war noch duschen, als ihr schon längst weg wart, und er kam dann plötzlich hier an, weil er sein Handy vergessen hatte. Naja, und dann hat es uns überkommen." "Verstehe.", meinte Gabi verständnisvoll. "Ahnt Vera irgendwas?" "Ich hoffe nicht." "Ihr müsst irgendeine Lösung finden, und zwar schnell. Thomas ist schließlich verheiratet." Biggi nickte. "Du hast ja Recht, aber es ist alles so schwierig. Ich würde so gern einfach unbeschwert mit ihm zusammen sein, aber das geht nicht ... Vera ist immer da, und die Kinder auch ..." Abermals ließ Biggi sich in die tröstenden Arme ihrer Freundin nehmen, was ihr auch ein wenig half. Gabi verstand Biggis Gefühle vollkommen, doch sie verstand auch, was diese Affäre alles für Probleme mit sich bringen würde. Und das wollte sie ihren Freunden unbedingt ersparen. Nur, sie als Außenstehende war machtlos, eine Lösung mussten Biggi und Thomas schon selbst finden.
Als Thomas zuhause ankam, erwartete Vera ihn bereits. Sie hatte sich alles noch einmal durch den Kopf gehen lassen und hatte beschlossen, dass es nur einen Weg gab, sie musste mit Thomas reden. "Hallo Thomas.", begrüßte sie ihn, als er den Flur betrat. Der Pilot wunderte sich, denn sie schien nicht mehr wütend zu sein. "Hallo Vera.", meinte er nur und hing seine Jacke an den Harken. Er wollte gerade in die Küche gehen, als Vera ihn am Arm zurückhielt und fragte: "Können wir reden, Thomas?" Er sah sie einen Moment lang zögernd an, nickte dann aber. So setzten sie sich ins Wohnzimmer und schlossen hinter sich die Tür, damit die Kinder nichts mitbekamen. Vera sah Thomas in die Augen und fragte dann ernst: "Thomas, bitte sag mir die Wahrheit, was hast du gestern Abend gemacht?" Thomas rang mit sich. Er konnte ihr nicht die Wahrheit sagen, unmöglich. Wohl möglich würde sie ihn auf der Stelle verlassen und Lisa und Laura mitnehmen. Er kannte Vera inzwischen gut, sehr gut und er wusste, dass sie, würde er sie enttäuschen und zu tiefst verletzen, was zweifelsfrei geschehen würde, würde er ihr den Seitensprung beichten, zu allem fähig wäre. Ihr Vater war Anwalt und hatte gute Kontakte, somit war Thomas klar, dass sie sowohl das Haus bekommen würde, aber was noch viel schlimmer war, wahrscheinlich würde er seine Kinder dann nur noch äußerst selten zu Gesicht bekommen und das würde er nicht ertragen. Er liebte seine Töchter und ihnen zuliebe sagte er Vera nicht die Wahrheit. "Bitte glaube mir doch, ich habe dir doch gestern schon alles erzählt. Es war wirklich so.", beteuerte er abermals seine Unschuld. Vera hielt inne und überlegte einen Moment. Konnte sie ihm glauben? Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was Thomas auf der Basis gemacht hatte. Er war allein gewesen und auch sonst war ihr nichts aufgefallen. Sie fragte sich, ob es überhaupt einen Grund gab, ihm nicht zu glauben, mal abgesehen von der etwas unglaubwürdigen Ausrede, die er ihr aufgetischt hatte. "Tut mir Leid, dass ich gestern Abend so überreagiert habe, aber ich war einfach so sauer, dass unser gemeinsamer Abend ins Wasser gefallen ist. Ich hatte mich so darauf gefreut.", meinte sie dann schließlich versöhnlich. "Ich weiß, ich hätte den Abend auch viel lieber mit dir zusammen verbracht als allein, eingeschlossen auf der Basis.", log er. Er fühlte sich total mies dabei, sie die ganze Zeit zu belügen, doch was sollte er tun? Es tat ihm Leid, schließlich mochte er sie noch. Sehr sogar, nur liebte er sie eben nicht mehr. Er liebte Biggi und wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er jeden Abend und jede Nacht mit ihr zusammen verbracht.
Biggi hatte sich ins hohe Gras am Ufer der Salzach gesetzt. Sie musste nachdenken. Gabi hatte ja Recht, sie und Thomas mussten eine Lösung finden, nur welche? Sie liebte ihn und genoss jede Sekunde, in der sie mit ihm zusammen sein konnte. Natürlich war es so kein Dauerzustand, eine heimliche Romanze, hinter Veras Rücken, doch Biggi kam zu dem Entschluss, dass es besser war als gar nichts. Wenn sie Thomas schon nicht ganz für sich haben konnte, dann wollte sie wenigstens ein paar schöne Stunden mit ihm genießen, so oft es eben möglich war. Es war halt nur wichtig, dass Vera nichts mitbekam und sie ihre Affäre geheim hielten, doch das würden sie schon irgendwie schaffen - hoffte Biggi zumindest. Zwar wusste Gabi nun davon, doch sie hatte Biggi hoch und heilig geschworen, niemandem auch nur ein Sterbenswort davon zu erzählen.
Irgendwie tat Vera Biggi schon richtig Leid, so wie sie von Thomas und ihr immer hintergangen wurde, doch was sollte sie tun? Sie liebte Thomas so sehr und er liebte sie schließlich auch. Gegen die Kraft der Liebe waren sie wehrlos und sie wollten sich auch gar nicht wehren, dazu genossen sie beide die gemeinsamen Stunden viel zu sehr.
Thomas und Vera hatten sich für den heutigen Tag versöhnt und Vera hatte beschlossen, ihrem Mann zu glauben. Was sollte sie auch anderes tun, ihr war Harmonie schließlich auch wichtig. Und die Leidtragenden bei einem Streit wären nicht nur sie, sondern auch ihre Kinder. "Was hältst du davon, wenn wir den gestrigen Abend heute nachholen? Eigentlich ist es doch egal, wann wir unseren Tag feiern, Hauptsache, wir machen es uns richtig schön." Thomas atmete erstmal kurz auf. Klar, er war froh, dass zwischen ihm und Vera wieder alles in Ordnung war, doch eigentlich hatte er gehofft, den Abend irgendwie mit Biggi verbringen zu können. Denkste, das konnte er heute vergessen. Schließlich konnte er Vera schlecht sagen, dass es nicht ging, weil er gern seine Geliebte getroffen hätte. Er fühlte sich so mies bei dem Gedanken, dass er Vera belog, betrog und hinterging, ihr dabei auch noch ins Gesicht sah. Doch andererseits konnte er sich im Moment nichts Schlimmeres vorstellen als Biggi zu verlieren. Niemals, auch nicht um seiner Familie Willen. Da ihm nichts anderes übrig blieb, willigte er zum gemeinsamen Abend mit Vera ein. Er setzte eine fröhliche Miene auf und meinte: "Ja, gerne. Das wird bestimmt wunderschön, mein Schatz." Vera nickte zufrieden und küsste ihn dann. Thomas hätte sich am liebsten weggezaubert.
Zur selben Zeit kam Biggi gerade von einem Einsatz zurück. Sie war froh darüber gewesen, mal was arbeiten zu können, da es sie von ihren Grübeleien ablenkte. Da die Schicht gerade zu Ende war, verschwanden sie, Ralf und Gabi sogleich in der Umkleide. Sie waren alle froh, endlich nachhause zu kommen. "Dann macht euch noch einen schönen Abend.", verabschiedete Biggi sich von Gabi. Sie wusste, dass die Notärztin noch mit Ralf verabredet war. "Machen wir, und du grüble nicht den ganzen Abend über Thomas nach." Biggi lächelte schwach. Das war einfacher gesagt als getan. "Ich werd's versuchen.", versprach sie ihrer Freundin und verließ dann die Umkleide.
Auf dem Nachhauseweg fiel ihr ein, dass Thomas sie ja noch anrufen wollte. Nun konnte sie es gar nicht erwarten, endlich zuhause zu sein, seinen Anruf entgegenzunehmen und endlich seine Stimme wiederzuhören. Als sie die Wohnung betrat, fiel ihr Blick jedoch sofort auf die rot blinkende Leuchte an ihrem Anrufbeantworter. Es waren zwei Nachrichten eingegangen. Während sie ihre Jacke und ihre Schuhe auszog, hörte sie sie ab. Die erste Nachricht war von Thomas, und Biggi wurde sofort warm ums Herz als sie seine Stimme hörte: "Hallo Biggilein. Tut mir Leid, dass ich mich nur kurz melden kann. Vera will den gestrigen Abend nachholen und was hätte ich anderes tun können als zusagen? Sie hatte sich gerade wieder beruhigt wegen gestern. Ich wäre jetzt so gern bei dir und vermisse dich total. Aber auch wenn wir den Abend nicht gemeinsam verbringen können, in Gedanken bin ich immer bei dir. Ich liebe dich." Biggi seufzte. Warum konnte sie Thomas nicht ganz für sich haben? So würde sie den Abend einsam auf dem Sofa vor dem Fernseher verbringen, während er mit Vera ausging.
Sie drückte noch einmal die Abhörtaste des Anrufbeantworters, um die zweite Nachricht anzuhören. "Ich habe noch etwas vergessen: Ich kann es kaum erwarten, dich morgen wiederzusehen. Gute Nacht, meine Süße." Biggi freute sich ebenfalls sehr, Thomas endlich wiederzusehen, nur hätte sie ihn gern jetzt schon wiedergesehen und nicht erst morgen. Doch man konnte es eben nicht ändern. Sie wusste schließlich, worauf sie sich einließ bei einem verheirateten Mann.
So schaltete sie den Fernseher ein, holte sich einen Joghurt aus dem Kühlschrank und kuschelte sich in eine warme Wolldecke gehüllt auf das Sofa. Alleine vor dem Fernseher zu sitzen war jedoch auch nicht das Wahre und so beschloss sie, an diesem Abend früh ins Bett zu gehen. Mit den Gedanken bei Thomas schlief sie schließlich ein - nachdem sie sich den Kopf darüber zerbrochen hatte, was Thomas und Vera wohl gerade taten. Doch was brachte es? Sie wusste, dass Thomas sie liebte und das machte sie unheimlich glücklich. Zwar wusste sie auch, dass Thomas Vera der Kinder wegen nicht verlassen würde, doch auch das war kein Hindernis für ihre unheimlich starke Liebe zueinander.
Für Thomas wurde der Abend noch um einiges länger. Er bemühte sich sehr, sich nicht anmerken zu lassen, dass er sich eigentlich am falschen Platz fühlte, so mit Vera im Restaurant, im Kino, und schließlich in einem weiteren Lokal bei einem Glas Wein. Die Rechnung ging wenigstens auf, Vera genoss den Abend sehr und beteuerte Thomas immer wieder, wie glücklich sie über ihre Versöhnung war und wie sehr sie ihn liebte. Das führte natürlich dazu, dass auch Thomas sich seine Liebe zu ihr eingestehen musste. Die Liebe, die überhaupt nicht vorhanden war. Nicht mehr. Nicht, seit es Biggi in seinem Leben gab. Und wenn er es sich ganz ehrlich eingestand, sogar schon etwas länger. Biggi hatte ihm nur dazu verholfen, es wirklich zu registrieren. Doch das alles half ihm an diesem Abend herzlich wenig. Er musste durchhalten und den Verliebten spielen, bis der Abend gegen ein Uhr schließlich vorüber war und sie müde mit dem Taxi nachhause fuhren. Vera hatte ihren Kopf an seine Schulter gelehnt, und er fühlte sich mal wieder miserabel. Miserabel deshalb, weil er diese Frau eigentlich lieben sollte, über alles, wie man seine Ehefrau eben liebte. Und was tat er? Während seine Gattin sich voller Liebe an ihn kuschelte, konnte er nur an eine einzige Frau denken. An eine ganz andere. War es richtig, was er tat? Er bezweifelte es, doch war er machtlos. Sein Herz regierte über ihn, und er hatte keine andere Wahl als sich ihm unterzustellen.
Für den nächsten Morgen stellte er sich den Wecker auf sechs Uhr. Um acht würde seine Schicht beginnen, doch hatte er vorher noch etwas vor. Er hielt es einfach nicht mehr aus, er musste Biggi sehen, koste es was es wolle. Als er um kurz nach sechs aus dem Bett kroch, warf Vera ihm einen verschlafenen und zugleich verwunderten Blick zu. "Ich dachte mir, ich erledige heute Morgen das Berichte ausfüllen, dann bin ich abends früher zuhause.", sagte er in einem entschuldigenden Ton. Vera nickte nur, sagte "Tschüss, mein Schatz, bis heute Abend.", und schlief einen Augenblick später bereits wieder ein.
In Windeseile hatte Thomas sich fertig gemacht. Frühstück machte er sich keines, da wusste er was Besseres. Die Fahrt zu Biggi dauerte zehn Minuten, inklusive Brötchen holen beim Bäcker. Bestimmt schlief die Pilotin noch, da war Thomas sich sicher, doch da konnte man nun mal nichts machen. Er stürmte die Treppen hoch zu ihrer Wohnungstür und war so ganz nebenbei stolz auf sich, dass er es so schnell gefunden hatte, ohne sich zu verfahren. Schließlich war er das erste Mal bei Biggi. Als er klingelte, hörte er eine Weile erstmal nichts. Er klingelte ein zweites Mal, und kurz darauf hörte er Biggis Stimme genervt sagen: "Ja, ich komme schon. Wer kann denn das nur sein, in aller Herrgottsfrühe?" "Das kann ich dir schon sagen.", meinte Thomas, als sich die Tür geöffnet hatte und Biggi in einem leichten Nachthemd vor ihm stand. "Du?" Biggis genervter Gesichtsausdruck verwandelte sich in ein überglückliches Strahlen. Sie fiel in seine offenen Arme und sie drückten sich erstmal aneinander. "Ich hab dich so vermisst, mein Schatz. Tut mir Leid, dass ich dich geweckt habe." "Aber das macht doch nichts. Nichts hätte mir eine größere Freude gemacht.", seufzte Biggi glücklich und wollte ihn gar nicht loslassen. "Ich hab dich auch so vermisst.", meinte sie dann und blickte ihm tief in die Augen, worauf sie in einen langen, innigen Kuss verfielen. Doch nach einer Weile ließ Thomas von ihr ab und meinte: "Du erkältest dich ja noch in dem kalten Flur, komm, gehen wir rein." Biggi schloss die Wohnungstür hinter Thomas, fasste dann nach seiner Hand und zog ihn mit ins Schlafzimmer. Das Bett, in dem sie schließlich noch wenige Minuten zuvor friedlich geschlafen hatte, war noch vorgewärmt. Biggi kroch unter die Decke und meinte dann lächelnd: "Komm her, mein Liebling." Das ließ Thomas sich nicht zweimal sagen. Er zog sich schnell seine Schuhe, seine Hose und seinen Pullover aus und kroch dann zu Biggi unter die warme Decke. Sie kuschelten sich ganz eng aneinander und begannen dann, sich zu küssen. Schließlich zog Biggi die Bettdecke über ihre Köpfe und sie verkrochen sich kichernd darunter. Während sie sich immer stürmischer küssten, wanderten Thomas' Hände unter Biggis Nachthemd und streichelten sie zärtlich. "Ich liebe dich so sehr.", flüsterte sie leise, während sie ihm langsam die Boxershorts auszog. Immer wieder küssten und berührten sie sich zärtlich. Schließlich zog Thomas Biggi das Nachthemd aus und auch allem anderen hatten sie sich schnell entledigt. "Komm her...", meinte Biggi und lächelte ihn verführerisch an. Thomas hätte ihr so oder so nicht widerstehen können und er wollte es auch gar nicht. Wenige Sekunden später vereinigten sie sich und schliefen miteinander. Es war besonders schön und intensiv und sie genossen es beide unheimlich. Danach lagen sie sich glücklich in den Armen." Du machst mich so glücklich.", flüsterte Thomas ihr ins Ohr und küsste sie dann zärtlich am Hals. Biggi lächelte und sah ihm tief in die Augen. "Und du mich erst." Sie beugte sich über ihn und küsste ihn zärtlich, was er überglücklich erwiderte.
So verblieben sie noch eine halbe Stunde im Bett, unter der warmen Decke und kuschelten miteinander und tauschten immer wieder Zärtlichkeiten aus. Am liebsten wären sie gar nicht mehr aufgestanden, doch die frischen, duftenden Brötchen, die Thomas auf dem Nachttisch abgelegt hatte, schafften es dann doch, die beiden aus dem Bett zu locken. Während Thomas sich wieder anzog, holte Biggi nur schnell einen Morgenmantel aus dem Schrank und zog ihn sich über. Zeit, um sich anzuziehen, hatte sie auch später noch. Doch jetzt, wo Thomas und sie zusammen waren, war jede Sekunde kostbar.
Gemeinsam gingen sie in die Küche und Biggi setzte erst einmal frischen Kaffee auf. Dann deckten sie den Tisch und Biggi zündete die Kerze, die in der Mitte des kleinen Küchentisches stand, an. Draußen war es noch nicht ganz hell und in der Küche herrschte nun eine richtig gemütliche Atmosphäre. Biggi wollte gerade die Kaffeekanne von der Küchenanrichte nehmen, als Thomas, der hinter sie getreten war, sie von hinten umarmte und zärtlich im Nacken küsste. 'So könnte jeder Morgen beginnen...', dachte Biggi sich, während sie sich in seinen Armen umdrehte, um ihn zu küssen. "Hast du schon Hunger?", fragte sie ihn nach einem leidenschaftlichen Kuss. "Ja. Hunger auf dich.", meinte Thomas und strich ihr mit der Hand zärtlich über die Wange. "Mich kann man aber nicht essen. Nur vernaschen." Thomas grinste, zog sie an sich und kitzelte sie. "Nein, aufhören! Sonst kriegst du auch keinen Kaffee." "Na gut.", sagte Thomas gespielt trotzig und setzte sich an den Tisch. Kaum kam Biggi zu ihm, um ihm Kaffee einzuschenken, hatte er sie schon liebevoll gepackt und zu sich auf den Schoß gesetzt. Biggi musste lachen. "Und so willst du jetzt frühstücken?" "Ja, so gegenüber auf dem Stuhl, das ist mir viel zu weit weg." "Na wenn es sein muss.", meinte Biggi und küsste ihn. Dann schenkte sie ihm Kaffee in die Tasse und anschließend sich selbst. Thomas bestrich inzwischen ein Brötchen mit Marmelade. Sie aßen es genüsslich gemeinsam, indem Thomas am einen Ende und Biggi am anderen Ende abbiss. So machten sie es noch mit zwei weiteren Brötchen, bis sie satt waren. Nachdem Thomas Biggi geholfen hatte, abzuräumen, begaben sie sich Hand in Hand ins Wohnzimmer und ließen sich auf dem Sofa nieder. Biggi kuschelte sich an Thomas, der sich in die Kissen gelegt hatte und sie nun zärtlich an sich drückte. "Warum kann ich nicht mit dir verheiratet sein und Kinder haben?", seufzte Thomas nach einer Weile Schweigen. Biggi überlegte lange, und meinte dann: "Vielleicht, weil man nicht alles haben kann? Ich fürchte, egal wie glücklich man ist, irgendwo ist doch immer ein Schatten." "Du hast ja Recht, aber muss es denn so ein großer Schatten sein?" Biggi seufzte. "Nein.", meinte sie dann leise. "Aber irgendwie kriegen wir das schon hin.", fügte sie hinzu. "Ja. Hauptsache, wir haben uns.", stimmte Thomas ihr zu. "Aber viele Abende wie gestern würde ich nicht aushalten. Ich konnte immer nur an dich denken." "Ich hab auch immer nur an dich gedacht.", sagte Biggi traurig. "Zum Glück bin ich ja jetzt bei dir.", versuchte Thomas sie aufzuheitern, was ihm auch sogleich gelang. Biggi lächelte. "Ja, und am liebsten würde ich dich nie wieder gehen lassen." Thomas zog sie noch näher an sich und küsste sie dann sanft. "Ich bin so froh, dass es dich gibt.", meinte er, während er ihr zärtlich über die Wange strich. "Ach Thomas, ich liebe dich ja so sehr.", erwiderte Biggi darauf, woraufhin sie sich tief in die Augen sahen und dann in einem leidenschaftlichen Kuss versanken.
Irgendwann musste Thomas sich dann jedoch wehmütig aufraffen. Seine Schicht begann in zehn Minuten und er war schon mehr als spät dran. Biggi begleitete ihn noch bis zur Tür. "Bis nachher, mein Liebling.", meinte sie ein wenig traurig, aber dennoch voller Vorfreude auf das Wiedersehen auf der Basis. "Ja bis dann. Und zieh dir was an, sonst erkältest du dich noch.", bat Thomas sie ein wenig besorgt. Biggi versprach es ihm und nachdem sie sich zum Abschied noch einmal innig geküsst hatten, verließ Thomas ihre Wohnung und machte sich auf den Weg zur Basis.
Dort wurde er von Michael und Peter schon erwartet, was auch kein Wunder war, denn die Schicht hatte bereits seit fünf Minuten begonnen. "Na hast du verschlafen?", fragte Peter den Piloten grinsend. "Wenn ihr wüsstet...", murmelte Thomas nur und verschwand dann in der Umkleide. Seine beiden Kollegen sahen ihm kopfschüttelnd nach.
Als Biggi zum Schichtwechsel die Basis betrat, erwartete Thomas sie schon. Sie nahm sich den Helm ab und küsste ihn dann zur Begrüßung, nachdem sie sich umgeschaut und vergewissert hatte, dass niemand zusah. Als sie sich fertig umgezogen hatte und aus der Umkleide trat, verschwanden Thomas und sie wieder nach draußen. Der Pilot kannte ein Plätzchen im hohen Gras, das so geschützt lag, dass man es von dem Basisgebäude aus nicht einsehen konnte. Dorthin verzogen sich die beiden. Sie lagen nebeneinander im Gras und Biggi hatte ihren Kopf auf Thomas' Brust gelegt, während er ihr liebevoll durchs Haar strich. "Was hältst du davon, wenn wir am Wochenende zusammen mit dem Motorrad nach München fahren?", schlug Thomas irgendwann vor. Biggi war sofort begeistert. "Gute Idee... aber wenn du so fährst, wie du fliegst, dann sollten wir vielleicht lieber den Bus nehmen.", meinte sie dann grinsend. Das ließ Thomas natürlich nicht auf sich sitzen und begann Biggi von oben bis unten durchzukitzeln. "Aufhören, bitte. Ich nehmen auch alles zurück.", flehte sie lachend. "Na gut, aber nur wenn du mich sofort küsst." "Nichts lieber als das..." Biggi beugte sich über ihn und küsste ihn dann lange und innig. "Aber was sagst du Vera?", fragte sie dann zögernd. Thomas überlegte einen Moment. "Ich muss zu einer Fortbildung. Ebelsieder hat drauf bestanden.", meinte er lächelnd. Biggi grinste. "Gute Idee." Sie freute sich schon wahnsinnig auf das gemeinsame Wochenende und küsste ihren Liebling stürmisch, was dieser natürlich gern erwiderte.
So verbrachten die beiden ein wunderschönes, romantisches Wochenende in München. Als sie am Sonntagmorgen nach einer langen, wunderschönen Liebesnacht noch im Bett lagen und miteinander kuschelten, klingelte Thomas' Handy. Er ahnte, dass es Vera war, sie hatte schon ein paar Mal angerufen. Genervt nahm er ab. "Ja? ... Ja, natürlich geht es mir gut ... Ja, ich bin heute Abend wieder da, aber ich weiß noch nicht wann." Biggi grinste und küsste ihn zärtlich am Hals. Thomas musste sich äußerst zusammenreißen, damit Vera nichts mitbekam. "Ähm, ich muss jetzt Schluss machen. Bis heute Abend. – Ja, tschüss." Biggi nahm ihm das Handy weg, schaltete es aus und legte es auf den Nachttisch. "Nun haben wir unsere Ruhe.", meinte sie lächelnd. Thomas nickte. "Ja, hoffentlich." Er drehte sich zu ihr, beugte sich über sie und sie begannen sich zu küssen. Am liebsten hätten sie ihren Wochenendtrip um ein paar Tage verlängert, doch sie wussten beide, dass das unmöglich war, einerseits wegen Vera, andererseits mussten sie am Montag beide wieder arbeiten.
So vergingen zwei Monate und Thomas und Biggi schafften es tatsächlich ihre Affäre gemein zu halten, sowohl vor Vera als auch vor ihren Kollegen. Auf der Basis hielt sich zwar hartnäckig das Gerücht, dass zwischen den beiden Piloten mehr lief als sie zugeben wollten, doch bisher war es Peter, Michael, Ralf und Max nicht gelungen, es zu beweisen, da Thomas und Biggi sich nie in flagranti erwischen ließen. Besonders Max versuchte die beiden bei jeder Gelegenheit auszufragen. Sätze wie "Na, da läuft doch eine nette kleine Romanze, oder?" oder "Mir kannst du es doch sagen..." hörten sie mehr als einmal, aber sie hofften, das die anderen es bald aufgeben würden, wenn sie es beide immer wieder abstreiten würden. Doch Vera schöpfte ebenso Verdacht. In letzter Zeit hatte Thomas auffallend viele Nachtschichten. Diese angeblichen Nachtschichten verbrachte er bei Biggi in ihrer Wohnung, wo sie sich ein paar schöne Stunden machten. Auch die angeblich wichtigen Termine, mit denen Ebelsieder ihm angeblich das Wochenende verplante, waren ihr aufgefallen. Zudem verhielt sich Thomas in ihren Augen die ganzen letzten Wochen schon seltsam, doch sie wusste nicht, woran es lag. Vera musste sich eingestehen, dass sich ihre Ehe in einer Krise befand. Sie redeten kaum noch miteinander und Thomas hatte anscheinend Geheimnisse vor ihr. Sie betete, dass keine andere Frau dahinter steckte, obgleich ihr bald keine andere Erklärung, die die vielen "Nachtschichten" und "Wochenendseminare" rechtfertigte, einfiel.
Als sie an diesem Morgen den Briefkasten leerte, fiel Vera mit der Post auch die neuste Telefonrechnung in die Hände. Wäre die Rechnung nicht dreimal so hoch wie gewöhnlich gewesen, hätte sie sie sich vermutlich gar nicht genauer angeschaut, doch nun wollte sie dem hohen Betrag natürlich auf den Grund gehen. Schnell stellte sie fest, dass die hohen Kosten hauptsächlich durch Anrufe auf dieselbe Nummer, die meistens über eine Stunde dauerten, zu erklären waren. Vera sah sich die Nummer genauer an, doch sie kannte sie nicht. Jemand hatte fast jeden Abend dort angerufen, manchmal sogar mehrmals. Da Thomas Schicht hatte und die Kinder in der Schule waren, sodass sie sie nicht fragen konnte, ob sie die Nummer kannten, beschloss sie, einfach dort anzurufen und abzuwarten, wer sich am anderen Ende meldete. Nachdem sie die Nummer eingetippt hatte, wartete sie gespannt. Nach dem dritten Klingeln wurde am anderen Ende der Leitung der Hörer abgenommen. "Biggi Schwerin, hallo?" Vera gefror beinahe das Blut in den Adern und in Sekundenschnelle ließ sie den Hörer wieder auf die Gabel fallen. Warum rief Thomas so oft bei seiner Kollegin an und vor allem, warum telefonierten sie eine Stunde lang und länger? Sie hatte Biggi erst einmal gesehen, damals, als sie sich beim Einkaufen begegnet waren, doch schon damals war ihr aufgefallen, dass Thomas nur Augen für Biggi gehabt hatte. Gab es eine andere Erklärung als die, dass Thomas mit seiner Kollegin ein Verhältnis begonnen hatte? Obgleich sie so sehr hoffte, dass Thomas sie nicht betrog und es irgendeinen anderen Grund für sein Verhalten gab, ihr fiel beim besten Willen keiner ein. Niedergeschlagen ließ sie sich auf den Küchenstuhl sinken. Sie würde Thomas sofort auf die Anrufe ansprechen, sobald er nachhause kommen würde. Vielleicht gab es ja wirklich eine simple Erklärung. Vera zumindest versuchte sich an diesen Strohhalm Hoffnung zu klammern. Für sie stand eins auf jeden Fall fest. Würde sie herausbekommen, dass Thomas sie mit einer anderen Frau hinterging, würde sie ihn auf der Stelle verlassen.
An diesem Abend kam Thomas mal wieder weit nach Schichtende nachhause. Offiziell hatte er noch Berichte ausgefüllt, inoffiziell hatte er sich mit Biggi aufs Sofa gekuschelt und zärtliche Küsse ausgetauscht, nachdem alle anderen die Basis verlassen hatten.
"Du kommst spät.", empfing Vera ihn. Thomas hörte die Kälte und die Wut aus ihrem Ton sofort heraus. Er atmete tief durch. Na das könnte ja heiter werden. "Ich hab noch Berichte ausgefüllt. Tut mir Leid, Schatz." "Soso, Berichte ausgefüllt. Vermutlich zusammen mit deiner attraktiven Kollegin?" "Wie kommst du darauf? Was hat Biggi mit meinen Berichten zu tun?" "Ich habe keine Ahnung, viel eher würde ich gern wissen, was deine Biggi mit unserem Telefon zu tun hat! Die Rechnung kam heute an. Ich habe ein wenig nachgeforscht, was mich zur Erkenntnis brachte, dass du sie fast jeden Tag zum Teil mehrmals angerufen hast! Wie kannst du mir das erklären?!" Vera schrie schon fast vor Wut. Sie war im Gesicht rot angelaufen, und die Ader an ihrer Stirn war angeschwollen. Mit blitzenden Augen sah sie ihren Mann an. "Ich ... wie soll ich dir das erklären ..." "Ja, das würde mich auch interessieren, wie du mir das erklärst!", brüllte Vera. "Sei leise, die Kinder schlafen doch.", meinte Thomas vorsichtig. Daraufhin packte Vera ihn am Ärmel und zog ihn ins Wohnzimmer, wo sie die Tür zuknallte. "Also, ich höre.", funkelte sie ihn an. "Ich ... ich habe sie angerufen, weil sie in der letzten Zeit ein paar Probleme hatte, bei denen ich ihr helfen konnte. Sie saß ziemlich in der Patsche ..." "Aha, Probleme also. Das müssen aber große und langwierige Probleme gewesen sein." "Ja, waren es auch." "Ich bin deine Frau. Du kannst mir sagen, worum es ging." "Es hatte mit der Arbeit zu tun. Für dich uninteressant." "Ach, da bin ich aber ganz anderer Meinung. Was für mich interessant ist oder nicht, entscheide immer noch ich." "Ja, also, es ging um Ebelsieder. Die beiden haben sich nie so recht verstanden, und da ich ihn ja schon länger kenne ..." " ... konntest du ihr ein paar hilfreiche Tipps geben.", vollendete Vera seinen Satz. Thomas nickte. "Und um diese Tipps zu erklären, hast du jedes Mal über eine Stunde gebraucht." "Ja. Es war alles ziemlich kompliziert." "Kompliziert." "Ja." Thomas wäre am liebsten im Erdboden versunken. "Es ist jetzt aber alles geklärt, ich brauche sie nun nicht mehr anzurufen." "Na fein! Dann richte ihr von mir doch bitte aus, dass ich mich sehr freue, wenn es ihr nun wieder besser geht." Thomas schluckte. "Ja, klar, sag ich ihr." "Und du kannst sie ja mal zu uns zum Kaffee einladen. Ich würde deine Biggi gerne mal besser kennen lernen." "Sie ist nicht meine Biggi." "Na wie auch immer, wenn ihr schon so gut befreundet seid, würde ich mich dem doch gerne anschließen. Also, lad sie mal ein, oder willst du nicht?" "Doch, doch, das wäre bestimmt nett. Aber du kannst sie ja auch nächstes Wochenende sehen, da feiern wir Michaels Geburtstag auf der Basis." "Auch gut. Na dann hätten wir das wenigstens geklärt. Komm, lass uns jetzt zu Abend essen." Thomas nickte nur. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn. Lange ging das alles nicht mehr gut, das wusste er. Irgendwas musste er sich einfallen lassen. Nur was?
Michaels Geburtstag kam und damit auch der Anlass, zu dem Vera Biggi auf eigenen Wunsch endlich besser kennen lernen würde. Thomas hatte Biggi alles erzählt und sie hatte sich somit bereits darauf eingestellt, dass der Abend nicht gerade das größte Vergnügen werden würde. Aber Thomas zuliebe hatte sie vor, sich alle Mühe zu geben, um auf Kumpel zu machen.
Es waren schon fast alle da und hatten sich mit Michael um einen großen, runden Tisch draußen vor dem Hangar gesetzt, als Thomas und Vera auf den Parkplatz fuhren. Als Biggi sie Arm in Arm um die Ecke biegen sah, musste sie erstmal schlucken. Es war lange her, dass sie die beiden gemeinsam gesehen hatte, und da war es ja auch nur ganz kurz gewesen. Sie war diesen Anblick absolut nicht gewohnt, beinahe glich es einem Schockerlebnis. Aber sie durfte sich nichts anmerken lassen, sie durfte sich nichts anmerken lassen, sie versuchte es sich andauernd einzureden. Thomas und Vera gratulierten erstmal dem Geburtstagskind, bevor sie sich umsahen, wo noch ein freier Platz frei war. "Komm, setzen wir uns doch zu Frau Schwerin, was meinst du?", schlug Vera ihrem Mann vor. Thomas nickte nur. "Ganz wie du möchtest.", meinte er. Und so setzten sie sich nebeneinander auf zwei freie Plätze neben der Pilotin. "Hi.", begrüßte Biggi die beiden bemüht neutral und streckte Vera freundlich die Hand entgegen. "Schön, dass wir uns auch mal besser kennen lernen, Frau Schwerin.", meinte Vera zur Begrüßung. "Nennen Sie mich doch Biggi.", sagte diese darauf. "Gerne, ich heiße Vera." Die beiden Frauen lächelten sich an, worauf Thomas erstmal durchatmete. Na das konnte ja heiter werden. Die Geliebte zur einen und die Gattin zur anderen Seite. Wie gern hätte er Biggi jetzt in den Arm genommen und sie geküsst, doch das war ein Ding der Unmöglichkeit. Er ahnte, dass Veras Verdacht sich noch immer nicht ganz gelegt hatte und dies mitunter vielleicht sogar ein Grund für ihre Freundlichkeit Biggi gegenüber war. Er durfte daher also nichts, absolut gar nichts riskieren.
Der Abend wurde nett, vor allem Michael genoss ihn sehr, was ja eigentlich auch die Hauptsache war. Für Biggi und Thomas war er weniger amüsant. Thomas war andauernd damit beschäftigt, den treuen Ehemann zu spielen, was ihm sehr viel Mühe kostete. Doch nicht nur ihm. Jedes Mal, wenn er Vera küsste und die beiden irgendwelche Zärtlichkeiten austauschte, tat Biggi so, als hätte sie etwas fallen lassen oder als müsste sie sich aus irgendeinem Grund umdrehen. Sie konnte einfach nicht hinsehen. Das verkraftete sie nicht. Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Als Vera sich gegen Mitternacht in Thomas' Arme kuschelte, wohlig seufzend "Ich liebe dich, mein Schatz." in sein Ohr flüsterte und er daraufhin "Ich liebe dich auch." zu ihr sagte, war es vorbei. Bevor noch irgendjemand die Tränen sehen konnte, die Biggi in die Augen gestiegen waren, war sie ruckartig aufgestanden und weggerannt. Thomas sah ihr nach, wie gern wäre er ihr auf der Stelle gefolgt, doch er wusste, dass Vera dann stutzig werden würde. Wenigstens hatte er mitbekommen, wohin Biggi gegangen war, in den Hangar. Die Pilotin hatte sich in die hinterste Ecke verzogen, dort wo der Flipper und der Colaautomat standen. Sie versetzte dem Automaten einen heftigen Tritt und genehmigte sich erst einmal eine eiskalte Cola. Das brauchte sie jetzt. Dann ließ sie sich an der Wand entlang auf den Boden rutschen und legte den Kopf auf die Knie. Sie fror in ihrem dünnen Sommerkleid ein wenig, denn jetzt am Abend war es doch recht kühl geworden. Langsam rann ihr eine Träne über die Wange, doch sie wischte sie sich sofort weg. Thomas hatte sie zwar auf diesen Abend vorbereitet, doch es war noch schlimmer gewesen als in ihren schlimmsten Vorstellungen. Wenn sie nur wieder daran dachte, wie er und Vera sich küssten, lief es ihr eiskalt den Rücken herunter. Wieder wurde ihr bewusst, dass er mit Vera verheiratet und sie nur die heimliche Geliebte war. Auch wenn er ihr immer wieder bezeugt, dass er nur sie liebte und nur der Kinder wegen Vera nicht verließ, tat es verdammt weh, die beiden zusammen zu sehen.
Nach etwa einer Viertelstunde wagte Thomas es aufzustehen, um nach Biggi zu sehen. Er wusste, dass er verdammt vorsichtig sein musste, schließlich war Veras Misstrauen noch nicht ganz verschwunden. Zwar war die Sache mit dem Telefon geklärt, doch was war mit all den anderen Ungereimtheiten? Zwar rief Thomas Biggi jetzt nur noch von seinem Handy aus an, doch die häufigen Nachtschichten und Wochenendseminare blieben.
Mit der Ausrede, dass er kurz auf die Toilette müsse, verließ Thomas die Runde und machte sich auf den Weg zum Hangar. Vera war natürlich aufgefallen, dass Biggi verschwunden war, machte sich darüber allerdings keine weiteren Gedanken. An diesem Abend hatte Thomas sich wirklich bemüht, ihr den treuen Ehemann vorzuspielen und sie hatte es ihm voll und ganz abgenommen. Inzwischen fragte sie sich, ob sie sich nicht wirklich in etwas hereingesteigert hatte und glaubte Thomas, dass er und Biggi wirklich nur gut befreundet waren.
Der Pilot hatte inzwischen den Hangar betreten und es dauerte nicht lange, bis er Biggi in der hintersten Ecke noch immer auf dem Boden sitzend fand. Ihr rann abermals eine Träne über die Wange und sie bemerkte Thomas erst, als er direkt vor ihr stand. "Hey Süße, was machst du denn hier?", fragte er besorgt und beugte sich zu ihr runter. Er sah die Träne, die ihr über die Wange lief, und wischte sie ihr sanft mit seiner Hand weg. Dann fasste er nach ihrer Hand und zog sie langsam hoch, sodass sie vor ihm stand. "Komm her.", meinte er leise und schloss sie ganz fest in die Arme. Biggi schmiegte sich an ihn und abermals stiegen ihr Tränen in die Augen. "Weißt du, wie weh es mir tut, dich mit Vera zusammen zu sehen?", sagte sie dann leise und sah ihm in die Augen. "Es tut mir so Leid, Biggi. Du weißt, dass ich nur dich liebe, aber ich will nicht, dass Vera weiterhin Verdacht schöpft. Für mich ist es auch bei weitem kein Vergnügen, den treuen Ehemann zu spielen. Aber du wirst sehen, sie hat sich nach diesem Abend sicherlich wieder beruhigt und dann machen wir beide es uns so richtig schön, ja? Ich komme morgen vor der Schicht bei dir vorbei, versprochen?" Biggi nickte dankbar und lächelte schließlich sogar wieder. "Bitte lass mich nicht los.", sagte sie dann leise und schmiegte sich noch enger an ihn. Thomas hielt sie ganz fest und strich ihr liebevoll über den Rücken. Er war so froh, endlich wieder mit ihr allein zu sein. "Ich liebe dich, nur dich.", flüsterte er ihr ins Ohr. Biggi sah ihn an und begann dann, ihn zu küssen. Vera war vollkommen vergessen.
Diese saß noch immer draußen am Tisch und hatte eine nette Unterhaltung mit Peter begonnen. So merkte sie zunächst überhaupt nicht, wie viel Zeit seit Thomas' Verschwinden bereits verstrichen war.
Die beiden Piloten standen noch immer in der hinteren Ecke des Hangars und waren inzwischen dabei, sich immer leidenschaftlicher und stürmischer zu küssen. Schließlich hob Thomas Biggi hoch und setzte sie auf den Flipper, der direkt hinter ihr stand, wobei sie jedoch nicht aufhörten, sich zu küssen und zärtlich zu berühren. Sie vergaßen alles um sich herum und sahen nur noch einander. Schließlich fassten Biggis Hände nach seiner Hose und öffneten sie, während Thomas ihr langsam das kurze Kleid nach oben schob. "Ich liebe dich so.", flüsterte Biggi leise." "Und ich dich erst.", gab Thomas ebenfalls flüsternd zurück. Sie küssten sich wieder stürmisch und schliefen schließlich miteinander.
Zur selben Zeit betrat Michael den Hangar, da das Bier aus war und er einen neuen Kasten aus dem Kühlschrank der kleinen Basisküche holen wollte. Gerade wollte er durch die Verbindungstür zum Flur gehen, als er aufhorchte. Er hatte merkwürdige Geräusche aus dem hinteren Teil des Hangars vernommen. Zunächst glaubte er, es sich nur einzubilden, doch dann hörte er es wenige Sekunden später schon wieder. Verwundert trat er ein paar Schritte in die Richtung, aus der er die Geräusche vermutete. Und dann noch ein paar und noch ein paar. Dann trat er vor Schreck zwei Schritte zurück. In der hinteren Ecke des Hangars erkannte er Biggi und Thomas, die sich auf dem Flipper ihrer Liebe hingaben. Die beiden bemerkten Michael, der nur etwa fünf Meter von ihnen entfernt stand, überhaupt nicht, zu sehr waren sie miteinander beschäftigt. "Oh Thomas, ich liebe dich so sehr.", flüsterte Biggi, bevor sie sich wieder küssten.
Nach dem ersten Schock fasste Michael sich wieder und schlich sich leise davon, damit die beiden ihn nicht noch bemerkten. Er war sichtlich geschockt. Also doch! Schon lange hatten er und die Kollegen geahnt, dass die beiden eine heimliche Affäre hatten, doch dass sie es wagten hier im Hangar miteinander zu schlafen, wo Vera draußen am Tisch saß und auf Thomas wartete, das schockte ihn schon ziemlich. Er hatte es eilig, wieder nach draußen zu kommen, denn er wusste, dass es eine Katastrophe gab, würde Vera etwas mitbekommen. So setzte er sich wenig später wieder zurück an den Tisch und verwickelte sie in ein Gespräch, um sie ja daran zu hindern, jetzt aufzustehen und nach Thomas zu suchen. Immerhin war er schon über eine halbe Stunde verschwunden, viel zu lange als dass seine Ausrede noch glaubwürdig erschien. Michaels Plan ging jedoch auf und Vera bemerkte es noch immer nicht.
Eine Viertelstunde später kam Biggi aus dem Hangar. Thomas wollte ihr erst ein paar Minuten später folgten, um ja keinen Verdacht aufkommen zu lassen. Die Pilotin setzte sich wieder an den Tisch und bemerkte, dass Michael sie die ganze Zeit irgendwie merkwürdig ansah. Sie hoffte, dass er keinen Verdacht schöpfte, nicht ahnend, dass er Thomas und sie in flagranti beobachtet hatte.
Wenig später kam auch Thomas wieder an den Tisch und setzte sich unbemerkt neben Vera, die sich immer noch angeregt mit Michael unterhielt. So fiel es gar nicht auf, dass der Pilot erst jetzt wieder von der Toilette auftauchte. Als Vera sich nach einer Weile zu Thomas umdrehte und Michael den Rücken zuwandte, warf der Notarzt seinem Freund einen mahnenden Blick zu. Der verstand natürlich nicht ganz und war nach kurzem Überlegen mit den Gedanken auch gleich wieder ganz woanders. Er war total erleichtert, dass Vera offenbar gar nicht richtig aufgefallen war, wie lange er weg gewesen war. Sie dachte wohl, er hätte sich inzwischen auch an andere Stellen am Tisch gesetzt und sich mit den anderen unterhalten. Und die Tatsache, dass Biggi gleich neben ihr saß, erstickte auch ihren letzten Zweifel im Keim. Der Abend verlief noch recht nett und lange in die Nacht hinein. Gegen vier Uhr verließen dann die letzten die Feier, nachdem man Michael nochmal herzlich gratuliert hatte. Peter, Biggi und Max erklärten sich dazu bereit, alles aufzuräumen, bevor Ebelsieder sich am nächsten Tag noch aufregen würde. Müde, aber gut gelaunt, fuhren um halb sechs schließlich auch die drei nachhause. Zum Glück hatten sie am nächsten Tag erst die Spätschicht, so würden sie untertags noch Schlaf nachholen können.
So verbrachte Biggi den Sonntag auch, denn Vera hatte Thomas dazu überredet, einen Ausflug mit den Kindern zu unternehmen, was er ja schlecht abschlagen hätte können.
Nachmittags um vier begann für das B Team die Schicht. Biggi, Ralf und Gabi trudelten nach und nach ein, noch müde von der Feier am Abend zuvor. Thomas und Michael hatten sich abgesprochen, dass auch sie gegen vier auf die Basis fahren würden, um noch ein paar Unklarheiten bei einigen Einsatzberichten zu besprechen. Thomas holte Michael bei ihm zuhause ab. Der Notarzt empfand dies als eine gute Gelegenheit, seinen Freund auf seine gestrige Beobachtung anzusprechen. Er hatte vor, den Piloten zu warnen, da er sich offenbar der Risiken, die diese Affäre mit sich brachte, nicht ganz bewusst war. Er machte sich Sorgen um seine beiden Freunde, schließlich freute er sich mit ihnen, wenn sie glücklich waren, doch er wollte gar nicht daran denken, was passieren würde, wenn Vera dahinter kommen würde. Als sie gerade auf der Landstraße Richtung Basis fuhren, fragte Michael Thomas kurzerhand: "Wie lange geht das eigentlich schon mit dir und Biggi?" Thomas blickte den Notarzt perplex an. "Jaja, ich weiß es. Eure kleine Aktion gestern im Hangar war leider unübersehbar für mich. Zum Glück aber für Vera schon." "Ich ... das Ganze geht schon über zwei Monate. Wir haben uns schon verliebt, als sie ihren ersten Tag hatte, aber es uns erst viel später eingestanden." "Verstehe.", meinte Michael verständnisvoll. "Es ist nicht so, dass wir es gezielt vor euch geheim halten wollen. Aber es ist ohnehin alles schon schwierig genug." "Ich bitte euch nur, passt auf, Vera wird irgendwann Verdacht schöpfen." "Das hat sie schon längst." "Das hat sie schon?", fragte Michael entsetzt. "Ja, aber bis jetzt hab ich mich immer rausreden können. Nur, ich weiß ja selbst nicht wie lange das noch geht." "Mensch Thomas ... ich wünsche es euch total, dass ihr euer Glück findet ... aber irgendetwas müsst ihr tun, so kann das doch nicht weitergehen." "Ich weiß ... aber was?" Thomas blickte seinen Freund verzweifelt an. "Liebst du Vera denn noch?" Thomas zögerte, schüttelte dann aber den Kopf. "Ich mag sie, sehr sogar, aber lieben? Biggi hat mir die Augen geöffnet und mir gezeigt, dass ich Vera eigentlich schon lange nicht mehr wirklich geliebt habe." "Aber Biggi liebst du..." "Ich liebe sie über alles, Michael." "Und warum trennst du dich dann nicht von Vera? Das hat doch so keinen Sinn mehr." "Das sagst du so einfach, aber was ist mit den Kindern? Ich weiß genau, wenn ich mich von ihr trenne, dann wird sie mir die Mädels wegnehmen." Das klang Michael einleuchtend und er musste zugeben, dass es wirklich eine schwierige Situation war. "Ich kann euch nur raten, wirklich aufzupassen...", sprach er Thomas noch einmal ins Gewissen. Dann waren sie auch schon auf der Basis angekommen. Biggi erwartete Thomas bereits und als Michael sie am Eingang stehen sah, meinte er nur: "Ich geh dann schon mal rein..." Thomas nickte nur und ging dann auf Biggi zu. Sie ließ sich glücklich in seine Arme sinken und meinte leise: "Ich hab dich so vermisst." "Und ich dich erst.", antwortete Thomas und küsste sie dann zur Begrüßung. Danach verzogen die beiden sich an ihre neue Lieblingsstelle im hohen Gras, wo sie ungestört waren. Glücklicherweise kam kein Einsatz, sodass ihnen genug Zeit blieb, ausgiebig zu kuscheln, sich zu küssen und einander immer wieder zu sagen, wie sehr sie sich liebten. "Ich habe noch eine kleine Überraschung für dich...", meinte Thomas irgendwann und lächelte geheimnisvoll. Biggi sah ihn auffordernd an. "Vera denkt, dass ich heute Nachtschicht habe.", erzählte Thomas ihr dann, wobei er sie verliebt anlächelte. Da das A Team den ganzen Tag frei gehabt hatte, hatte Vera dieses Mal keinen Verdacht geschöpft, als Thomas ihr erzählt hatte, er habe die Nachtschicht. Biggi strahlte ihn an und fiel ihm dann um den Hals. "Die ganze Nacht nur für uns.", schwärmte sie und küsste ihn dann leidenschaftlich. Thomas erwiderte es glücklich, auch er freute sich schon total.
So verließen die beiden Piloten eine halbe Stunde nach Biggis Schichtende gemeinsam die Basis. Sie fuhren kurz zu Biggi nachhause, da sie sich noch umziehen wollte und beschlossen, danach in das italienische Restaurant, das in Traunstein neu eröffnet hatte, zu fahren. Sie verbrachten dort einen schönen Abend, das Essen schmeckte gut, und die Tatsache, dass sie allein und ungestört waren, ließ sie die gemeinsamen Stunden in vollen Zügen genießen. Spät abends, nachdem sie noch einen Spaziergang durch die Stadt gemacht hatten, machten sie sich auf den Weg zu Biggi nachhause. Dort nahmen sie sich nicht mal Zeit, sich umzuziehen, sondern stürmten gleich ins Schlafzimmer und ließen sich ins Bett fallen. Als Biggi sich die Jacke ausziehen wollte, meinte Thomas grinsend: "Komm, ich helfe dir.", was sie sich gern gefallen ließ. Doch es blieb nicht bei der Jacke. Und es blieb in dieser Nacht auch nicht bei wilden, leidenschaftlichen Küssen und Berührungen. Die beiden Piloten gaben sich völlig ihrer Liebe hin und lebten sie die ganze Nacht aus, bis sie irgendwann in den Morgenstunden in einen tiefen Schlaf fielen.
Am nächsten Tag um sieben klingelte bei Wächters das Telefon. Vera war gerade damit beschäftigt, die Kinder für die Schule fertig zu machen, und hob gestresst den Hörer ab. "Ja, Wächter?" "Hi Vera, hier ist Peter. Könnte ich bitte Thomas sprechen?" "Thomas? Wie ... das verstehe ich nicht, Thomas müsste doch noch bei euch sein. Die Nachtschicht ist doch erst um halb acht zu Ende ..." Vera verstand gar nichts mehr. "Nachtschicht? Die haben wir doch erst übermorgen.", meinte Peter zögernd. "Verstehe. Danke, Peter." "Wieso danke?" Der arme Peter hatte keinen blassen Schimmer, wovon Vera sprach. Diese spürte die Wut und die Eifersucht bereits in ihr Blut steigen. Nun kannte sie kein Pardon mehr, nicht, nachdem sie das von Peter erfahren hatte. "Also, ist Thomas jetzt nicht da, oder?", fragte Peter nochmal nach. "Nein, allerdings nicht. Ich hab zwar so meine Vorstellungen, wo er sein könnte, aber sicher sagen kann ich dir das nicht." "Gut, dann ruf ich später nochmal an. Ist auch nicht so wichtig. Bis dann, Vera." "Ja, Ciao." Vera legte auf. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten. Nun konnte sie nichts und niemand mehr aufhalten. Sie fuhr die beiden Mädchen schnell zur Schule und machte sich dann auf direktem Weg auf Biggis Wohnung. Ihre Wut war unbeschreiblich und es war beinahe ein Wunder, dass sie keinen Unfall baute, so schnell wie sie fuhr. Direkt vor dem Haus sah sie Biggis Motorrad und direkt daneben Thomas' Auto stehen und fühlte sich dadurch in ihrer Vermutung eindeutig bestätigt. Sie überflog die Klingelschilder und hatte schnell das richtige, auf dem "B. Schwerin" stand, gefunden.
"Wer ist denn das um diese Zeit?", fluchte Biggi, als sie durch die Klingel aufschreckten. Thomas zuckte mit den Schultern und so kuschelten sie sich wieder aneinander und zogen sich die Decke über den Kopf. Vera dachte jedoch gar nicht daran aufzugeben und klingelte Sturm. "Oh, ich glaub's nicht...", meinte Biggi genervt. "Willst du nicht kurz aufmachen, vielleicht ist es was wichtiges?", schlug Thomas schließlich vor, denn noch immer klingelte es wieder und wieder. "Nichts ist wichtiger als du....", gab Biggi jedoch zurück und küsste ihn. Thomas lächelte. "Hast ja Recht.", meinte er leise und küsste Biggi dann wieder. Als Vera nach fünf Minuten immer noch nicht aufgeben hatte, immerhin wusste sie ja, dass die beiden in Biggis Wohnung sein mussten, stand Biggi schließlich genervt auf. "Ich bin gleich zurück.", versprach sie und drückte ihrem Liebling noch einen Kuss auf den Mund. "Nicht weglaufen." Thomas lächelte, "Das wäre das letzte, was ich tun würde..." Er zog Biggi, die sich gerade ihren Morgenmantel übergezogen hatte an der Hand noch einmal zu sich und küsste sie zärtlich. Dann verschwand sie jedoch endgültig in den Flur, um zu sehen, wer an diesem Morgen so hartnäckig störte.
Nachdem Biggi die Taste gedrückt hatte, um den Hauseingang zu öffnen, stürmte Vera sofort hoch in den zweiten Stock, wo Biggis Wohnung lag. Biggi erschrak beinahe zu Tode, als sie Vera erkannte, die wutentbrannt auf ihre Tür zusteuerte. Am liebsten hätte sie ihr einfach die Tür vor der Nase zugeschlagen, doch es war bereits zu spät, denn Vera stand direkt vor ihr. "Wo ist Thomas?", zischte sie. Biggi wusste nicht, was sie sagen sollte. Jetzt war alles aus, dachte sie sich. "Ich weiß genau, was hier abläuft.", fuhr Vera sie an. "Ihr treibt es doch schon lange hinter meinem Rücken." Biggi war so geschockt, dass sie überhaupt nichts sagen konnte. In dem Moment war Thomas' Stimme zu hören: "Wer ist es denn, Liebling?" Wenige Sekunden später trat er nur in Boxershorts aus dem Schlafzimmer, da er sich wunderte, wo Biggi solange blieb und sie ihm nicht antwortete. Als er Vera erblickte, erstarrte er. Ihm war klar, dass jetzt alles zu spät war und es keine Erklärung mehr gab. Sie ging auf ihn zu, blinzelte ihn wütend an und zischte dann: "Du Schwein!" Wenige Sekunden später spürte Thomas ihre Hand auf seiner Wange. Sie hatte ihm eine heftige Ohrfeige verpasst. Dann stürmte sie aus der Wohnung, jedoch nicht, bevor sie ihm "Du kannst deine Sachen packen, ich will dich nie wieder sehen und halte dich von Lisa und Laura fern!" an den Kopf geworfen hatte. Thomas und Biggi standen wie angewurzelt im Flur und mussten erstmal den Schock verarbeiten. "Ich muss ihr hinterher, sonst sehe ich meine Kinder nie wieder.", befürchtete Thomas. Biggi nickte verständnisvoll. Thomas zog sich schnell an, dann nahm er Biggi noch einmal innig in die Arme und küsste sie. "Viel Glück.", wünschte sie ihm noch, bevor er die Wohnung verließ.
Thomas eilte zu seinem Auto und fuhr dann auf dem schnellsten Weg nachhause. Vera war wie erwartet schon dort. Als Thomas klingelte, machte sie jedoch keine Anstalten, ihm zu öffnen. Sie wusste, dass er es war, denn sie hatte ihn kommen sehen. "Bitte Vera, mach auf. Lass uns reden!!!", schrie er. "Reden??? Es gibt nichts mehr zu reden, Thomas! Es ist aus, lass mich und die Kinder in Ruhe!" "Sie sind genauso meine Kinder!!" "Das hättest du dir früher überlegen müssen!"
Biggi saß in der Küche, noch immer im Morgenmantel, und ließ die Geschehnisse Revue passieren. Ihr stiegen Tränen in die Augen, denn sie wusste, dass Thomas sich jetzt entscheiden müssen würde. Und sie wusste, dass er sich für seine Kinder entscheiden musste, sie waren noch so klein und brauchten ihren Vater. Aber sie brauchte Thomas doch auch, sie liebte ihn so und nach den vergangenen Monaten konnte sie sich ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen.
Thomas hatte Vera nach einer halben Stunde endlich dazu gebracht, ihm die Tür zu öffnen. "Bitte, Vera, lass uns doch reden." Veras Augen funkelten ihn an. "Mir fiele bei Gott nichts ein, worüber wir reden könnten, Thomas!" "Mir aber schon!" Vera ließ sich auf einen Stuhl sinken. Sie war am Ende ihrer Kräfte. "Warum hast du mir das angetan? Sag schon, warum? Ich verstehe es nicht, wir waren doch so glücklich." "Ich ... es tut mir so Leid. Ich hab mich in Biggi verliebt, damals, als sie in unser Team kam ... es hat mich überwältigt." "Wie schön.", zischte sie. "Aber ... ich ... ich weiß ja auch nicht, wie es weitergehen soll. Ich kann dich nur um Verzeihung bitten. Bitte nimm mir die Kinder nicht weg." "Das fällt dir so plötzlich ein, dass du die Kinder verlieren könntest, hä? Ich sage dir eins. Ich bin bereit, dir eine allerletzte Chance zu geben. Trenne dich sofort von Biggi, dann bleibt alles beim Alten. Aber wehe, wenn ich dich nur einmal mit ihr sehe, dann kannst du mich und die Kinder für den Rest deines Lebens vergessen. Kapiert?" Thomas schluckte. Biggi verlassen? Seine Biggi verlassen? Sie nie mehr wieder sehen? Die große Liebe seines Lebens einfach aufgeben? Er musste es tun. Es blieb ihm nichts anderes übrig, wenn er nicht seine Kinder verlieren wollte. Seine Chancen bei einer Verhandlung vor Gericht konnte er sich im Handumdrehen ausrechnen. Niemals würde er gewinnen, er, der an Workaholic leidende Pilot, der seine Frau schamlos hintergangen hatte, er würde niemals das Sorgerecht für seine Kinder bekommen. Und Lisa und Laura aufgeben, nein, das würde er nicht übers Herz bringen. Auch wenn seine Liebe zu Biggi so stark war, dass es schon weh tat. Er musste es tun. Er musste einfach. Als er sein tonloses "Ok." von sich gab, fühlte er sich, als hätte jemand mit tausend Pfeilen in sein Herz gezielt. Er hatte eingewilligt, sich von Biggi zu trennen. Er musste es ihr sagen. Nein, das würde er nicht schaffen, niemals. Sofort würden ihn alle Gefühle wieder überkommen, bei ihrem Anblick war er machtlos, immer schon. Er beschloss, ihr einen Brief zu schreiben.
Vera gab sich einstweilen mit seiner Antwort zufrieden. Sie kannte ihren Mann. Er liebte Lisa und Laura über alles, noch nie war ihm etwas wichtiger gewesen als die beiden. Und das hatte sich offenbar auch nicht geändert. Mit den beiden Kindern an der Hand konnte sie alles bei ihm erreichen. Als ihr das bewusst wurde, fühlte sie sich stark und mächtig, wenn auch ungeliebt.
Thomas begab sich nach oben, schloss sich im Schlafzimmer ein und setzte sich an den Schreibtisch. Als er Füller und Papier zur Hand nahm, stiegen Tränen in seine Augen. Bittere Tränen. Eine nach der anderen tropfte auf das Papier, während er folgendes schrieb:
Liebste Biggi!
Ich weiß gar nicht, wie ich anfangen soll. Ich liebe dich nach wie vor über alles und würde dich um nichts in der Welt verlieren wollen. Doch ich bin gezwungen dazu. Vera verlangt, dass ich mich von dir trenne, sonst sehe ich Lisa und Laura nie wieder. Ich weiß, dass sie das vor Gericht durchbringen würde, sie würde mich zwingen, meine Kinder aufzugeben. Du weißt, Biggi, dass ich das nicht kann. Ich liebe dich unendlich, doch meine Kinder liebe ich auch. Ich bin so verzweifelt, wie ich es noch nie in meinem Leben war, und ich bitte dich um Verzeihung, wenn ich dir sagen muss, dass dies heute unsere letzte gemeinsame Nacht war. Ich weiß noch gar nicht, wie ich in Zukunft weiterleben soll, ohne dich zu sehen, ohne dich in die Arme nehmen und küssen zu dürfen. Aber irgendwie werde ich es schaffen müssen. Bitte, Biggi, schenke dein Herz einem anderen. Jemandem, der so glücklich werden soll wie ich es war. Die Zeit mit dir war die schönste meines ganzen Lebens, und ich werde sie niemals, niemals vergessen. Du wirst immer einen Platz in meinem Herzen haben, solange ich lebe. Ich kann dich nur bitten, mich zu verstehen, meine Entscheidung zu verstehen. Ich kann einfach nicht anders. Ich könnte nicht in Lisas und Lauras Augen sehen und dabei wissen, dass ich sie mutwillig aufgeben werde. Das kann ich nicht.
Ich wünsche dir nur das Allerbeste auf Erden, denn du bist für mich der wunderbarste Mensch, der je geboren wurde. Der, der an meiner Stelle mit dir zusammen sein wird, wird unbeschreiblich glücklich sein, und ich beneide ihn über alles.
Versuch, mich zu vergessen. Und bitte versuch, mich zu verstehen.
In ewiger, unerschütterlicher Liebe
dein Thomas
Er las sich alles noch einmal langsam durch. Immer mehr Tränen rannen über seine Wangen. Er wollte Biggi nicht verlassen, er liebte sie doch so sehr, doch hatte er eine andere Wahl? Er faltete den Zettel zusammen und steckte ihn in einen kleinen Umschlag. Dann verließ er das Haus. "Wo willst du hin?", fragte Vera ihn an der Tür. "Zu Biggi, ich werde es jetzt beenden.", versprach er ihr und Vera nickte nur stumm und sah ihm nach, wie er ins Auto stieg. Sie wusste, dass es zwischen ihnen nie wieder so sein würde wie früher. Thomas hatte ihr Vertrauen gebrochen und tief in ihrem Inneren wusste sie, dass er sie nicht mehr liebte. Doch sie liebte ihn noch immer und sie wollte um ihn kämpfen, auch wenn es ein harter Kampf werden würde. Wenn es gar keinen Ausweg mehr geben würde, hatte sie immer noch die Kinder als Druckmittel.
Als Thomas vor Biggis Haus ausstieg und die Treppen zu ihrer Wohnung hochging, wurden seine Schritte immer langsamer. In der Hand hielt er den Brief an sie. Noch war alles so wie zuvor. Doch sobald er diesen Brief durch den Schlitz in ihrer Tür stecken würde, würde alles vorbei sein. Er musste es tun. Um seiner Kinder Willen. Er atmete tief durch, als er vor der Tür stand, hinter der die Frau lebte, die er wie nichts anderes auf dieser Welt liebte. Mit zitternden Händen steckte er eine Ecke des Briefs in den Schlitz. Dabei lief ihm wieder eine Träne übers Gesicht. Und die nächste. Und noch eine. Er schluckte. Sollte er es wirklich tun? Die Beziehung zu Biggi beenden? Damit einen großen Teil seines Lebens zerstören? Wollte er das? Seine Antwort war: er musste es. Schließlich liebte er Lisa und Laura. Vor sich sah er ihre beiden, lachenden Gesichter, ihre niedlichen Grübchen, ihre kindliche Unbeschwertheit, hörte sie "Wir haben dich lieb, Papi" sagen. Das gab ihm die letzte Kraft, den Brief an der anderen Seite der Tür zu Boden fallen zu lassen. Er hatte es getan. Nun aber schnell weg. Biggi in die Augen zu sehen, das würde er nicht verkraften. Nie wieder. Mit großen Schritten rannte er die Treppe runter, wischte sich dabei immer wieder Tränen aus den Augen, die ihm die Sicht nahmen. Als er beinahe am letzten Treppenabsatz war, hörte er sich oben plötzlich eine Tür öffnen. Biggis Tür. "Thomas?", rief sie nach unten, worauf Thomas erst zögerte, dann aber nah das Geländer stieg und nach oben blickte. Oben erblickte er Biggi, die ihn unverständig ansah. "Ist der Brief ... von dir?", fragte sie ihn. Thomas nickte nur. "Aber ... wieso ... ich verstehe nicht." "Lies ihn. Ich ... es tut mir so Leid, Biggi." Darauf brach er wieder in Tränen aus und wandte sich ab. Weinend verließ er das Haus, setzte sich ins Auto und raste davon.
Biggi war währenddessen wieder zurück in die Wohnung gegangen. Der Brief war noch ungeöffnet. Sie verstand nicht ganz, was das alles bedeuten sollte, hatte aber eine leise Ahnung. Die allerdings stritt sie in ihrem Inneren vehement ab, so lange, bis sie den Brief geöffnet und das Papier entfaltet hatte. Nach den ersten paar Zeilen ließ sie sich kraftlos zu Boden sinken. Sie musste den Brief dreimal durchlesen, um sich wirklich klarzumachen, was darin stand. Es war aus. Der Mann, den sie über alles liebte und von dem sie wusste, dass auch er sie liebte, hatte sich von ihr getrennt. Für immer. Seiner Kinder wegen. Sie konnte ihn verstehen, da sie wusste, wie sehr er Lisa und Laura liebte. Doch bis zu diesem Moment hatte sie nicht wahrhaben wollen, dass es wirklich so weit kommen könnte. Sie brach in bittere Tränen aus. Den Brief faltete sie mit zitternden Händen wieder zusammen, wobei immer wieder Tränen darauf tropften. Leise flüsterte sie: "Ich liebe dich auch, Thomas. Und ich werde nie damit aufhören. Hoffentlich wirst du glücklich." Dann erhob sie sich mit viel Mühe, rannte ins Schlafzimmer, ließ sich ins Bett fallen und weinte dort mehrere Stunden herzzerreißend.
Sie war ihm nicht böse. Sie war nur verzweifelt, unendlich verzweifelt, da sie sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte, wie sie ohne ihn weiterleben sollte. Vorher, als sie noch nicht wusste, dass es ihn gab, diesen Mann, den sie über alles liebte, da war das alles noch ganz einfach. Aber jetzt, jetzt war das scheinbar ein Ding der Unmöglichkeit. In ihrer Verzweiflung fiel sie irgendwann in einen unruhigen, von Alpträumen geplagten Schlaf.
Der nächste Morgen kam, an dem sie ihm wieder begegnen sollte. Am liebsten wäre sie gar nicht erst aufgestanden. Doch sie musste. Als sie im Bad vor dem Spiegel stand, brach sie wieder in Tränen aus. Neben ihrem Glas stand Thomas' Glas, und darin war noch seine Zahnbürste, die er sich extra für die Besuche bei ihre gekauft hatte. Sie nahm sie und legte sie unter ein Badetuch. Sie konnte sie jetzt nicht sehen. Sie musste sich auf die Arbeit konzentrieren, in einer halben Stunde begann schließlich wieder ihre Schicht. Mit viel Mühe und nach tausend unbeantworteten Fragen, warum sich die Zeit nicht zurückdrehen ließ, hatte sie sich zwanzig Minuten später fertig gemacht und setzte sich aufs Motorrad. Es fiel ihr schwer, sich auf den Verkehr zu konzentrieren, da alle ihre Gedanken nur von Thomas beherrscht wurden.
Als sie gerade noch rechtzeitig den Umkleideraum betrat, war Gabi gerade dabei, sich die Schnürsenkel zuzubinden. Die Notärztin bemerkte sofort, dass mit ihrer Freundin etwas stimmte. Ihre verweinten, geröteten Augen und ihr verzweifelter Blick waren ja auch kaum zu übersehen. "Um Gottes Willen, Biggi, was ist denn passiert?", fragte Gabi sie besorgt. Durch diese Frage hatte Biggi sofort wieder alles vor Augen, und wieder stiegen ihr die Tränen hoch. "Ach Gabi.", flüsterte sie und ließ sich in die Arme ihrer Freundin sinken. Diese drückte sie lieb an sich und strich ihr erstmal beruhigend über den Rücken. "Was ist denn los, Süße, hm? Was ist passiert?" Sie setzte Biggi neben sich auf die Bank und ließ sie erstmal eine Weile ausheulen, bevor Biggi zu erzählen begann. "Thomas hat sich von mir getrennt." "Oh nein. Wieso das denn?", fragte Gabi bestürzt. "Wegen der Kinder. Vera hat uns erwischt und ihm gedroht, dass er die Kinder nie mehr sehen würde, wenn er sich nicht von mir trennt. Ich verstehe ihn ja, Gabi, und ich will, dass er glücklich wird, aber es tut so weh." "Ich weiß, Biggi, ich weiß." Gabi tat es weh, ihre Freundin so verzweifelt zu sehen und ihr nicht helfen zu können. Sie hatte beinahe befürchtet, dass es irgendwann so kommen würde. Ewig ging so eine Affäre nie gut. Doch dass es so plötzlich und so schmerzhaft enden würde, das hätte sie nicht gedacht.
Kurz vor Schichtwechsel betrat Thomas die Basis. Er hatte eine schlaflose Nacht hinter sich und hatte sich immer wieder gefragt, ob er wirklich die richtige Entscheidung getroffen hatte. Als Biggi ihn auf den Parkplatz fahren sah, verschwand sie in der Umkleide und kam erst wieder raus, nachdem die A Crew zu einem Notfall gerufen wurde. Gabi setzte sich zu ihr. "Du kannst ihm nicht ewig aus dem Weg gehen.", meinte sie zu Biggi. Dieser stiegen wieder Tränen in die Augen. "Ich weiß, aber was soll ich denn machen? Wenn wir uns nur einmal in die Augen sehen, dann wird es wieder passieren. Ich weiß es. Und es darf nicht wieder passieren, ich muss ihm aus dem Weg gehen, ihm und Lisa und Laura zuliebe."
Und an diesen Vorsatz hielt Biggi sich auch die nächsten Wochen lang. Es fiel ihr unheimlich schwer, denn sie liebte Thomas noch immer so sehr wie am Anfang. Doch sie wollte, dass er glücklich war und wusste, dass wenn Vera sie noch einmal zusammen sehen würde, alles aus war. Thomas ging ebenso durch die Hölle. Immer wenn er Biggi sah, was natürlich nur noch selten vor kam, aber trotzdem noch häufig genug, hätte er sie am liebsten auf der Stelle in den Arm genommen und geküsst. Doch er durfte nicht. Er hatte sich entschieden. Mehr und mehr zweifelte er jedoch daran, dass es die richtige Entscheidung gewesen war. Er liebte Biggi so sehr und musste immer an sie denken, besonders wenn er mit Vera zusammen war. Immer wieder dachte er dann daran, wie schön es doch wäre, jetzt bei Biggi zu sein und mit ihr ein paar schöne gemeinsame Stunden zu verbringen.
Zwischen Thomas und Vera war es bei weitem nicht mehr wie früher. Er liebte sie nicht mehr und Vera spürte dies. Oft fragte sie sich, ob es nicht wirklich besser wäre alles zu beenden, doch dann führte sie sich wieder vor Augen, dass Thomas Biggi für sie verlassen hatte und sie ihn jetzt mit Sicherheit nicht wieder aufgeben würde. Trotzdem, es verletzte sie sehr, dass Thomas sie immer wieder spüren ließ, dass sein Herz Biggi gehörte und nur der Kinder wegen zu ihr zurückgekommen war.
Nach einigen Wochen, an einem grauem, verregneten Novembermorgen hatte das B Team gerade eine anstrengende Nachtschicht hinter sich. Biggi, Gabi und Ralf saßen am Tisch im Aufenthaltsraum und tranken eine Tasse Kaffee. In ein paar Minuten würde ihre Schicht zu Ende sein und sie waren froh, dann endlich nachhause zu kommen. "Mann, bin ich müde, so stressig hatten wir es lange nicht mehr bei einer Nachtschicht.", stöhnte Ralf erschöpft. Gabi und Biggi konnten ihm nur zustimmen. Man konnte allen dreien ansehen, wie ausgelaugt sie waren. Doch Biggi sah man nicht nur die Erschöpfung an, es war da noch etwas anderes, das ihr Gesicht schon vor ein paar Wochen verlassen hatte. Dieses glückliche Strahlen in den Augen, das immer seinen Höhepunkt erlebt hatte, wenn sie Thomas gesehen hatte. Doch jetzt war das alles nicht mehr so. Sobald Thomas die Basis trat, bemühte sie sich, ihn nicht ansehen zu müssen und sofort den Raum zu verlassen, in dem er sich befand. Inzwischen hatten auch Ralf und Peter mitbekommen, was zwischen den beiden gelaufen war, es war bei Gott kein Geheimnis mehr. Alle fühlten sie mit ihren beiden Freunden, aber auch sie waren machtlos.
Zehn Minuten bevor die Schicht zu Ende war, tönte plötzlich wieder der Alarm auf. "Rettungsleitstelle an Medicopter 117, verletzter Arbeiter bei einer Gebäudesprengung in Rosenheim. GPS Koordinaten per Funk. Over and out." Gabi, Biggi und Ralf fassten es nicht. Da hatten sie sich so auf zuhause gefreut, und nun wurde es doch nichts. Gerade als Michael und Thomas die Basis betraten, rannten die drei bereits aus dem Hangar und setzten sich in den Heli. Als Biggi abhob, blickte Thomas ihr sehnsüchtig nach. Die Pilotin bemerkte ihn, wie er dort unten im Regen stand, und wurde von seinem Anblick gefangen. Beinahe hätte sie den Heli in das Basisgebäude gesteuert, als sie gerade noch rechtzeitig zu sich kam und den richtigen Kurs ansteuerte. Als sie an der Unfallstelle ankamen, sprangen Gabi und Ralf sofort heraus, um sich um den Verletzten zu kümmern, Biggi kam mit dem Sauerstoffgerät nach. Zum Glück waren die Verletzungen des Arbeiters nur leicht, und die beiden hatten ihn bald stabilisiert. "Holst du bitte die Trage, Biggi?", bat Gabi die Pilotin dann, worauf diese sich auf den Weg zurück zum Heli machte. Wenige Augenblicke später kehrte sie mit der Trage unterm Arm zurück zu ihren beiden Kollegen. Sie luden den Verletzten darauf und trugen ihn dann zum Heli.
"Oh nein, ich habe den Notfallrucksack drinnen vergessen.", bemerkte Gabi, nachdem sie den Patienten im Heli verladen hatten. "Ich hole ihn eben.", stellte Biggi sich bereit, da Gabi und Ralf den Patienten sowieso noch ans EKG und Sauerstoffgerät anschließen mussten. So betrat die Pilotin das Gebäude, in dem sie den Verletzen geborgen hatten. Schnell hatte sie den Notfallrucksack entdeckt, schwang ihn sich über die Schulter und machte sich auf den Rückweg nach draußen. Richtig bei der Sache war sie jedoch nicht. Sie dachte wieder an Thomas' Blick. Wie sehnsüchtig er ihr nachgesehen hatte. Sie wusste, dass er sie auch noch immer liebte, genauso wie sie ihn. Warum konnten sie dann nicht einfach zusammen glücklich sein? Immer wieder hämmerte diese Frage in Biggis Kopf, bis sie irgendwann bemerkte, dass sie total in die falsche Richtung gelaufen war. Verärgert über sich selbst, drehte sie um und lief Richtung Ausgang. Ralf und Gabi warteten sicher schon. In der Eile übersah sie jedoch eine Eisenstange, die auf dem Boden lag, und stürzte darüber. Dabei knickte sie mit dem Knöchel um und fiel dann nach vorn auf den Boden. "Mist", fluchte die Pilotin und rieb sich den schmerzenden Knöchel. Dann versuchte sie langsam aufzustehen. Gerade als sie sich jedoch aufrichten wollte, vernahm sie nur noch einen ohrenbetäubenden Knall und im nächsten Moment wurde alles schwarz vor ihren Augen.
"Was war das?"., fragte Gabi erschrocken. Auch sie und Ralf hatten den Knall gehört und sahen nun eine Rauchwolke aus dem Eingang des Gebäudes kommen. "Was war das eben?", fragte Ralf einen Arbeiter, der herbeigeeilt kam, sofort. "Eine noch nicht deaktivierte Sprengladung ist dort drinnen in die Luft gegangen, das Gebäude kann jederzeit einstürzen." "Unsere Kollegin ist dort noch drinnen.", schrie Ralf den Arbeiter an, der daraufhin blass wurde. "Komm!", meinte Gabi, die alles mitgehört hatte, entschlossen zu Ralf und zog ihn mit sich in das Gebäude. Der Arbeiter versuchte noch, die beiden zurückzuhalten, jedoch ohne Erfolg.
Gabi und Ralf versuchten drinnen, sich zu orientieren. Überall lagen Trümmer herum und sie wussten nicht genau, wo Biggi sich zum Zeitpunkt der Explosion befunden hatte. "Biggi!!", immer wieder schrieen sie verzweifelt den Namen ihrer Kollegin, doch sie erhielten keine Antwort. Wie auch? Biggi war bewusstlos und konnte ihre Freunde nicht hören. Nach einer halben Ewigkeit hatten Gabi und Ralf sie endlich gefunden. Einige Trümmer waren von der Decke heruntergekommen und hatten die Pilotin getroffen. "Oh Gott, Biggi…", brachte Gabi nur hervor, während Ralf und sie ihre Kollegin aus den Trümmern befreiten. Dann brachten sie sie auf dem schnellsten Weg nach draußen.
Während Ralf die Notfallausrüstung aus dem Heli holte, begann Gabi damit, Biggi zu untersuchen. Sie fühlte ihren Puls, der, wie sie feststellte, sich Gott sei Dank im Normalbereich befand. Sie leuchtete der Pilotin mit einer kleinen Taschenlampe in die Augen und versuchte sie dann vorsichtig zu wecken. "Hey Biggi... kannst du mich hören?" Wenige Augenblicke später schlug Biggi tatsächlich langsam die Augen auf. "Gabi? Was ist denn passiert?", fragte sie noch ein wenig benommen. "In der Halle ist eine Sprengladung explodiert.", erklärte die Notärztin ihr. "Wie fühlst du dich?", wollte sie dann wissen. "Danke, es geht schon...", meinte Biggi abwinkend und wollte sich aufrichten. Gabi hielt sie jedoch leicht an der Schulter zurück. "Bleib liegen, wir werden dich jetzt am besten ins Krankenhaus bringen und..." "Nein, vergiss es, Gabi, es geht mir wirklich gut und außerdem haben wir einen Patienten.", unterbrach Biggi sie. Gabi sah ihre Freundin zweifelnd an und wollte gerade etwas sagen, als Biggi ihr abermals versicherte, dass alles in Ordnung war. "Wirklich.", redete Biggi noch einmal auf sie ein und stand dann langsam mit Ralfs und Gabis Hilfe auf. "Bist du sicher, dass du fliegen kannst?", fragte Ralf skeptisch. Biggi nickte jedoch überzeugt und schritt dann so souverän wie es ihr mit dem noch immer ein wenig schmerzenden Knöchel möglich war auf das Cockpit zu und schwang sich auf den Pilotensitz. Gabi und Ralf warfen sich nur einen zweifelnden Blick zu. Ihnen wäre es beiden lieber gewesen, ihre Kollegen hätte sich in der Klinik einmal durchchecken lassen, nur zur Sicherheit. Doch sie wussten, dass sie gegen Biggis Sturkopf keine Chance hatten. Die Pilotin hatte bereits die Turbinen hochgefahren und nachdem Gabi und Ralf eingestiegen waren, setzte sie sich ihre Sonnenbrille auf und hob ab. Während des Fluges meinte Gabi zu ihr: "Biggi, lass mich dich wenigstens nachher nochmal untersuchen, ok?" "Gabi, das ist echt nicht nötig. Ich fühle mich gut. Geh du lieber nachhause und ruh dich aus, du warst doch vorhin so müde." Gabi seufzte. "Das ist zwecklos bei dir. Aber dann fahre ich dich zumindest nachhause, ohne Widerrede, ok? Ich lasse dich nicht auf dein Motorrad steigen, wenn du grade eben noch bewusstlos warst." "Na gut, einverstanden. Danke.", meinte Biggi und lächelte ihre Freundin versöhnlich an. Diese warf ihr aber nur einen mahnenden Blick zu. "Sturschädel.", murmelte sie. "Das hab ich gehört." "Solltest du auch."
So flogen sie weiter zum Krankenhaus, lieferten den Verletzten ab und gingen anschließend auf Heimatkurs. Michael, Peter und Thomas saßen bereits fertig umgezogen im Aufenthaltsraum, als das B Team auf müden Beinen hereintrat. Biggi, die auf und auf mit Dreck und Ruß beschmiert war und ein wenig humpelte, löste erstmal einen Schrecken bei den anderen aus. "Was ist denn mit dir passiert?", fragte Michael besorgt. "Unsere Pilotin wurde bei einer Explosion unter Gebäudetrümmern begraben, aber sie ist ja zu stur, sich untersuchen zu lassen...", antwortete Gabi ihm. "Warum sollte ich auch? Mir geht es gut." "Mensch Biggi, du könntest alle möglichen Verletzungen haben, das kann ganz schön gefährlich werden. Sei doch vernünftig.", versuchte nun auch Michael, sie zu überzeugen. "Na gut, dann gehe ich eben morgen zum Durchcheck ins Krankenhaus, in Ordnung? Aber heute bin ich einfach zu müde." "Wenigstens siehst du es ein. Aber wenn irgendetwas ist, sag mir sofort Bescheid, ok?", bat Gabi ihre Freundin. Weder sie noch Michael waren ganz zufrieden mit der Lösung, doch beide kannten Biggi zu gut, um zu hoffen, dass sie sich nochmal umstimmen lassen würde. Zwar machten sie sich Sorgen, verließen sich allerdings darauf, dass Biggi wirklich keine weiteren Verletzungen davongetragen hatte, was ja anzunehmen war. "Hast du wirklich keine Schmerzen?", fragte Michael Biggi nochmal nach. "Nein, wirklich nicht." Thomas war die ganze Zeit nur stumm auf dem Sofa gesessen. Er machte sich die größten Sorgen. Genau wie Michael und Gabi wäre er dafür gewesen, dass Biggi sich untersuchen ließ, doch auch er kannte die Pilotin schließlich und wusste, dass es zwecklos war, sie zu überzeugen. Er hoffte so sehr, dass es ihr wirklich gut ging. Wie er sie vermisste. Wie gern hätte er sie umarmt, geküsst, ihr gesagt, wie sehr er sie liebte. Doch er durfte nicht. Er brauchte nur an Lisa und Laura denken, und alle seine Tagträume wurden wieder zunichte gemacht. Wehmütig sah er Biggi nach, als sie mit Gabi in die Umkleide humpelte und wenig später frisch geduscht und umgezogen herauskam. Er rang mit sich, doch schließlich konnte er nicht anders und trat langsam auf sie zu. "Biggi?", fragte er zögernd. Die Pilotin sah auf und sofort, als sich ihre Blicke trafen, waren sie beide wie gefesselt vom Blick des anderen. "Ja?", meinte Biggi zaghaft. "Weißt du, was für Sorgen ich mir um dich gemacht habe? Pass bitte auf dich auf, ja?" Sie sahen sich noch immer in die Augen und Biggi nickte schließlich leicht. Thomas berührte mit seiner Hand sanft ihre Wange, Sie wussten beide nicht, was sie sagen sollten, beide spürten das unheimliche Knistern, das in der Luft lag, und fühlten sich stärker voneinander angezogen denn je. Thomas wollte gerade etwas sagen, als hinter Biggi jedoch die Tür der Frauenumkleide aufging und Gabi herauskam. Sie sah ihre beiden Kollegen an und ihr war sofort klar, dass sie ungelegen gekommen war, doch nun konnte sie es nicht mehr rückgängig machen. Biggi und Thomas standen ein wenig unbeholfen voreinander und wussten nicht, was sie sagen sollten. "Ähm, ich muss dann los...", meinte Biggi schließlich wehmütig und blickte Thomas ein letztes Mal tief in die Augen. Er nickte nur. "Wird wohl so sein. Bis morgen dann." "Ja, bis morgen." "Pass auf Biggi auf.", wandte Thomas sich dann noch einmal besorgt an Gabi. "Ich werde tun, was ich kann, aber du kennst ja unseren Sturkopf...", antwortete Gabi ihm nur. Thomas musste sich mit dieser Antwort zufrieden geben und sah Biggi dann noch nach, bis sie an Gabis Auto angekommen waren. Die Pilotin drehte sich noch einmal um und ihre Blicke trafen sich kurz. Dann stieg sie jedoch ein und wenige Sekunden später sah Thomas nur noch die Rücklichter von Gabis Auto.
Als Gabi und Biggi bei Biggis Wohnung ankamen, ging es der Pilotin schon bei weitem nicht mehr so gut wie noch zuvor auf der Basis. Ihr war ein wenig übel geworden und sie verspürte ein leichtes Ziehen im Bauch, besonders beim Treppensteigen. Vielleicht hatten Gabi und die anderen doch Recht und sie hätte sich besser untersuchen lassen sollen? Diesen Gedanken verwarf sie jedoch recht schnell wieder. Die Beschwerden würden sich schon wieder geben.
Als sie oben waren, bot Biggi Gabi noch an auf eine Tasse Kaffee mit reinzukommen. Die Notärztin war zwar ziemlich müde, doch sie nahm das Angebot trotzdem an. So nahm Gabi schon einmal auf dem gemütlichen Sofa in Biggis Wohnzimmer Platz, während die Pilotin in die Küche gegangen war und den Kaffee aufsetzte. Wenn Gabi weg war, würde sie sich erst einmal ein wenig hinlegen, denn die Schmerzen waren stärker geworden und sie fühlte sich auf einmal überhaupt nicht mehr gut. Hoffentlich bemerkte Gabi nichts, dachte sie sich. Sie wollte nicht, dass ihre Freundin sich Sorgen machte.
Gabi schreckte auf, als sie ein lautes Klirren aus dem Flur vernahm. "Biggi? Alles in Ordnung?", erkundigte sie sich. Als sie jedoch keine Antwort erhielt, stand sie mit einem unguten Gefühl im Bauch auf, um nachzusehen. Als sie aus dem Wohnzimmer trat, erschrak sie fürchterlich. Biggi lag bewusstlos auf dem harten Fliesenboden zwischen den Scherben der Kaffeetassen. Sie war mit dem Kopf gegen den Türrahmen gestoßen und Blut von einer kleinen Platzwunde über ihrem Auge sickerte auf die Fliesen und vermischte sich mit dem Kaffee, der eine große Pfütze gebildet hatte. "Um Gottes Willen, Biggi ...", stieß sie hervor, und geriet total in Panik. Unendlich besorgt beugte sie sich über ihre Freundin und versuchte, die Nerven zu bewahren. Mit zittrigen Händen fühlte sie ihren Puls an der Halsschlagader, der zu ihrem Entsetzen total geschwächt war. "Biggi, kannst du mich hören? Biggi, sag doch was, bitte ..." Sie tätschelte sie vorsichtig an der Wange und versuchte sie zu wecken. Doch keine Regung. "Ok, ganz ruhig bleiben, Gabi. Ich muss die anderen anrufen.", sprach die Notärztin zu sich selbst. Sie holte ihr Handy aus der Tasche und wählte die Nummer der Basis. Besetzt. "Scheiße.", fluchte sie und wählte daraufhin die Nummer der Rettungsleitstelle. Dort meldete sich natürlich jemand, und sie gab nervös Bescheid, dass man den Medicopter 117 zu Biggis Haus bestellen sollte. Dann kontrollierte sie Biggis Atmung, die ebenso wie der Herzschlag ziemlich geschwächt war. Sie hatte also doch Verletzungen von der Explosion davongetragen. Gabi machte sich endlose Vorwürfe. Doch das half ihr in diesem Moment gar nichts. Vorsichtig öffnete sie die untersten Knöpfe von Biggis Bluse und begann, ihren Bauch abzutasten. Er war eindeutig verhärtet. Sie vermutete eine Ruptur der Milz oder der Leber. "Mann, wo bleibt ihr denn?", rief sie ungeduldig ins Nichts. Sie hoffte auf ein Rotorengeräusch, doch ihre Kollegen konnten unmöglich bereits hier sein. Gabi musste ausharren, allein war sie machtlos, ohne Ausrüstung konnte sie so gut wie gar nichts für ihre Freundin tun. Immer wieder versuchte sie Biggi zu wecken. Irgendwann gelang es ihr tatsächlich, und die Pilotin schlug langsam die Augen auf. Sie versuchte, etwas zu sagen, war allerdings zu schwach dazu. Fragend blickte sie ihre Freundin an. "Ganz ruhig, Biggi, es wird alles wieder gut. Streng dich nicht an, ok?" Biggi nickte leicht. "Hast du Schmerzen?", fragte Gabi sie dann vorsichtig. Biggi blickte Richtung Bauch, und Gabi verstand. "Das kriegen wir alles wieder hin. Wenn ich dir doch nur nicht nachgegeben hätte.", warf sie sich vor. Biggi fasste schwach nach ihrer Hand, und Gabi drückte sie. Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie ihre Freundin so hilflos vor sich liegen sah und sie ihr gar nicht helfen konnte, außer indem sie jetzt einfach für sie da war. Doch lange blieb Biggi nicht bei Bewusstsein. Wenige Augenblicke später fielen ihr wieder die Augen zu und Gabi musste hilflos mit ansehen, wie ihr Puls immer schwächer und schwächer wurde.
Als Thomas, Michael und Peter auf der Basis im Alarm den Einsatzort gehört hatten, waren sie aufgeschreckt. Für einen Moment wagte Thomas es nicht, zu atmen. Die Rettungsleitstelle hatte Biggis Adresse genannt, er wusste es genau, er hatte sich nicht verhört. Auch Michael und Peter hatten es wie er verstanden. Wie von Hornissen gestochen stürzten die drei aus dem Aufenthaltsraum in den Hangar. Thomas hob bereits ab, als Michael und Peter gerade die Tür zugemacht hatten. Während des Fluges spürte Michael deutlich die Anspannung seines Freundes, er war ja selbst nervös, doch Thomas schaffte es kaum, sich auf den Flug zu konzentrieren. "Thomas, ganz ruhig, es muss sich nicht um Biggi handeln." "Wie sicher kannst du dir sein? Es ist doch fast klar, dass es sich um Biggi handelt, schließlich hatte sie heute einen Unfall." Michael musste ihm Recht geben, auch wenn es ihm noch so schwer fiel, aber das Risiko, dass sich ihr Verdacht bestätigte, war viel größer im Vergleich zur Chance, dass es ein anderer Hausbewohner sein könnte. Thomas funkte die Rettungsleitstelle an und fragte ungeduldig: "Wissen Sie, um welche Wohnung es sich beim Einsatzort handelt?" "Die Frau, die uns verständigt hat, sprach von einer Wohnung ganz oben im Dachgeschoss." Thomas schluckte. Tränen stiegen ihm in die Augen. "Danke.", brachte er nur hervor und blickte seine Freunde dann verzweifelt an. "Das ist Biggis Wohnung." Bestürzt setzten sie den Flug fort, Peter bekam es bereits mit der Angst zu tun, da Thomas dem Heli eine derartige Geschwindigkeit abverlangte, dass ihm beinahe übel wurde.
Als sie vor dem Haus landeten, stürzten Michael und Peter sofort aus dem Heli und liefen mit der Ausrüstung die Treppen hoch zu Biggis Wohnung. Thomas holte noch die Trage aus dem Heck und raste ihnen nach. "Endlich seid ihr da.", empfing Gabi ihre Freunde. "Was ist passiert?", fragte Michael sofort und beugte sich über Biggi. "Sie ist zusammengebrochen, vor etwa zehn Minuten. Verdacht auf Milz- oder Leberruptur. Peter, schnell, 500 mg Ringer-Lactat und eine Ampulle Phenta." Peter machte sich sofort daran, die Infusion und die Ampulle rauszusuchen. Inzwischen tastete auch Michael die Pilotin ab und konnte den Verdacht seiner Kollegin nur bestürzt bestätigen. "Sie muss sofort in eine Klinik. Ich leg einen Zugang. Peter, das Sauerstoffgerät. Und gib mir noch das EKG." Während Michael damit beschäftigt war, Biggi einen Zugang zu legen, sie an das EKG anzuschließen und ihr die Sauerstoffmaske anzulegen, war Thomas in die Tür getreten. Vor Schreck hätte er beinahe die Trage fallen lassen. Seine Biggi, da lag sie, regungslos und wie tot. Warum hatte er das nur zugelassen? Warum hatte er sie nicht zurückgehalten? Er hätte es verhindern können. Verzweifelt stürzte er zu ihr und fragte Michael und Gabi panisch: "Was ist mit ihr? Sagt schon, was hat sie?" "Thomas, wir müssen jetzt die Nerven bewahren. Sie hat vermutlich schwere innere Verletzungen. Wir fliegen sie in die Klinik, sobald sie stabil ist.", meinte Michael in einem bemüht ruhigen Ton. Doch ihm war selbst alles andere als wohl. Als erfahrener Notarzt konnte er sich wie Gabi gut die Chancen ausrechen, die Biggi noch hatte. Sie standen etwa fünfzig zu fünfzig. Er und Gabi taten alles, um Biggi zu stabilisieren, und versuchten dabei, ihre freundschaftlichen Gefühle zurückzustellen und nur an ihre Arbeit zu denken. Ansonsten würden sie das alles ohnehin nicht durchstehen. Nervös begutachtete Michael die Anzeige am EKG, während Thomas, dem inzwischen eine Träne nach der anderen übers Gesicht rann, vorsichtig Biggis Hand ergriff. "Biggi, bitte, halt durch. Tu es mir zuliebe. Bitte ... du musst durchhalten, bitte ..." Er strich ihr zärtlich über die Wange und gab ihr schließlich einen Kuss auf die Stirn. Dadurch wachte sie auf, was Michael und Gabi niemals erwartet hätten. "Thomas", flüsterte sie, und lächelte sogar bei seinem Anblick. "Ich bin da, Süße, ich bin da, du musst nur durchhalten, ok? Das musst du mir versprechen. Was sollte ich denn ohne dich machen, hm?" Biggi nickte nur schwach, dann nahm sie alle Kräfte zusammen, fasste mit der Hand nach seinem Ärmel, zog ihn zu sich runter und flüsterte "Ich liebe dich." in sein Ohr. Thomas lächelte sie glücklich an, und streichelte ihr liebevoll über die Haare, während sie langsam wieder die Augen schloss. "Noch eine Ampulle Atropin, Peter, ich glaube, dann können wir es riskieren.", meinte Michael. "Wir müssen es riskieren.", verbesserte Gabi ihn leise. Die beiden Notärzte warfen sich einen vielsagenden Blick zu. Sie waren beide unendlich besorgt um die Pilotin und taten alles, um sie am Leben zu halten. Doch je mehr Zeit verging, desto schwieriger wurde es. Nachdem Michael Biggi noch die Ampulle Atropin verabreicht hatte, zeigte das EKG nach und nach eine etwas stabilere Pulsfrequenz an. Gabi stand auf, holte eine Decke aus dem Wohnzimmer und deckte Biggi damit zu. Dann fassten sie alle gemeinsam mit an und hoben Biggi vorsichtig auf die Trage. Als sie die Haustür erreicht hatten, lief Thomas vor und fuhr schon einmal die Turbinen hoch. Jetzt zählte jede Sekunde und sofort, nachdem Gabi, Michael und Peter die Trage mit Biggi im Helicopter verstaut und die Türen geschlossen hatte, hob Thomas ab. Er hatte große Mühe sich auf den Flug zu konzentrieren und musste sich immer wieder die Tränen aus den Augen wischen, um überhaupt richtig sehen zu können. immer wieder sah er besorgt nach hinten, wo Gabi und Michael alle Mühe hatten, Biggi stabil zu halten.
Nach endlosen fünf Minuten hatten sie die Klinik erreicht, wo bereits ein Ärzteteam auf sie wartete. Biggi wurde sofort in den OP gebracht und die anderen konnten ihr nur vom Medicopter aus nachblicken. Michael half Thomas vorsichtig aus dem Cockpit. Der Pilot war vollkommen fertig. "Versprich mir, dass sie wieder gesund wird, Michael, versprich es mir!", flehte er seinen Freund unter Tränen an. Natürlich konnte Michael es ihm nicht versprechen, stattdessen antwortete er: "Bestimmt, nachdem sie es bis hier hin geschafft hat, gibt sie jetzt bestimmt nicht mehr auf."
Zehn Minuten später saßen Michael, Gabi, Thomas und Peter vor dem OP und warteten. Sie wussten, dass die Operation mehrere Stunden dauern würde, doch trotzdem zuckten sie bei jedem kleinsten Geräusch zusammen und starrten auf die Tür zum OP-Saal. "Was ist, wenn sie es nicht schafft?`", fragte Thomas unter Tränen. "Thomas, das sind die besten Ärzte, die sich um sie kümmern. Sie tun alles, was in ihrer Macht steht.", versicherte Michael ihm. "Und was ist, wenn das nicht ausreicht, hm? Ich liebe sie so, warum habe ich sie nur verlassen? Es war der größte Fehler meines Lebens....Wenn Biggi es nicht schafft, ich werde mir das nie verzeihen. Ich hätte sie nicht verlassen dürfen, ich liebe sie doch...." Michael legte schweigend den Arm um seinen Freund. Sie machten sich alle schlimme Vorwürfe, weil sie Biggi nicht dazu überredet hatten, sich untersuchen zu lassen und die Sekunden kamen ihnen vor wie Stunden. Die Warterei zerrte an ihren Nerven und jeder betete, dass alles gut gehen würde.
Nach endlosen drei Stunden gingen endlich die Lichter im OP aus und der erschöpfte Chefarzt trat aus der Tür. "Was ist mit ihr, nun sagen Sie schon!", forderte Thomas sofort. Die Angst in seiner Stimme war nicht zu überhören. Auch die anderen blickten den Arzt auffordernd an. "Wir mussten Ihrer Kollegin die Milz entfernen. Sie hatte schon sehr viel Blut verloren und es war knapp, aber sie hat es geschafft und ist jetzt über den Berg." Die Erleichterung war groß und Gabi, Peter, Michael und Thomas fielen sich glücklich in die Arme. "Können wir zu ihr?", wollte Thomas dann jedoch sofort wissen. "Die Narkose wirkt noch einige Stunden nach und Ihre Kollegin wird vermutlich die ganze Nacht durchschlafen, aber ich bin mir sicher, dass sie sich morgen über Ihren Besuch freuen wird." "Kann ich nicht ganz kurz zu ihr?", bat Thomas und sah den Arzt bittend an. Er zögerte einen Moment, willigte dann jedoch ein. "Ok, kommen Sie." Thomas verabschiedete sich von den anderen, die sich ein Taxi zur Basis nehmen wollten, während er später den Helicopter zurückfliegen wollte.
Thomas atmete noch einmal tief durch, bevor er Biggis Zimmer betrat. Es war draußen schon fast dunkel und das Zimmer war nur schwach beleuchtet. Langsam ging der Pilot auf ihr Bett zu und setzte sich dann auf den Besucherstuhl, der daneben stand. Zaghaft fasste er nach ihrer Hand und drückte sie dann sanft. Er sah auf zu ihrem Gesicht. Sie hatte die Augen geschlossen und auf ihrer Stirn klebte ein kleines Pflaster, das die kleine Platzwunde, die sie sich bei dem Sturz zugezogen hatte, verdeckte. Thomas strich ihr zärtlich über die Wange. Es war ganz still im Zimmer, das einzige, was zu hören war, war das regelmäßige Piepsen des EKGs, das Biggis Kreislauf überwachte, und ihr ruhiger Atem. Ein Geräusch, das unheimlich beruhigend auf Thomas wirkte. "Es tut mir so Leid, Biggi.", flüsterte er leise, während er ihr immer wieder über die Wange strich. "Dich zu verlassen war der größte Fehler meines Lebens. Ich würde alles dafür geben, um es rückgängig zu machen. Du musst jetzt ganz schnell wieder gesund werden, ja? Ich werde Vera für dich verlassen und möchte nur eins, mit dir glücklich sein... das heißt... wenn du mich nach allem, was ich dir angetan habe, überhaupt noch willst." Thomas rann eine Träne über die Wange. "Aber egal, was passiert, Biggi. ich möchte, dass du weißt, dass dich immer lieben und immer für dich da sein werde." Er beugte sich zu ihr und küsste sie ganz sanft auf den Mund. Dieser Unfall hatte ihm endgültig die Augen geöffnet, er konnte ohne Biggi nicht leben, er liebte sie über alles und er wollte einfach nur noch mit ihr zusammen sein, koste es, was es wolle.
zehn Minuten später betrat Biggis Arzt das Zimmer. "Frau Schwerin braucht jetzt Ruhe. Sie können morgen gern wiederkommen, dann wird sie auch sicherlich schon aufgewacht sein." Thomas nickte, der Arzt hatte ja Recht, auch wenn er am liebsten die ganze Zeit bei Biggi geblieben wäre. So drückte er noch einmal ganz fest ihre Hand und küsste sie dann zärtlich auf den Mund. "Ich liebe dich, mein Schatz. Bis morgen.", sagte er dann leise, bevor er mit einem sehnsüchtigen Blick auf seine Biggi das Zimmer verließ.
Als der Pilot nachhause kam, war es schon spät. Vera hatte ihn schon vor Stunden erwartet und da sie seit der Sache mit Biggi misstrauisch geworden war, fragte sie ihn sofort nach dem Grund für seine Verspätung. Thomas berichtete ihr von dem Unfall und erklärte ihr, dass sie alle in der Klinik gewartet hatten, bis sie Gewissheit hatten, dass Biggi auf dem Weg der Besserung war. Den Besuch in ihrem Krankenzimmer verschwieg er jedoch lieber. Vera hörte sich alles schweigend an und nickte nur. "Morgen nach der Frühschicht wollen wir Biggi alle gemeinsam besuchen.", erzählte er weiter, um sich schon einmal eine Ausrede für den kommenden Tag bereit zu legen. Sie musste ja nicht wissen, dass er allein zu Biggi gehen würde. Vera überlegte kurz, unterließ es dann jedoch, noch etwas zu dem Thema zu sagen, sie wollte Thomas mit ihrer Eifersucht und ihrem Misstrauen nicht zu sehr einschränken, obgleich sie sich, wenn sie ehrlich war, sowieso eingestehen musste, dass ihre Ehe am Ende war.
Am nächsten Tag hatte Thomas es äußerst eilig nach der Schicht die Basis zu verlassen. Er zog sich nicht einmal vorher um, sondern stieg sofort in sein Auto und machte sich auf den Weg zur Klinik. Er konnte es den ganzen Tag schon kaum mehr abwarten, bis er endlich zu Biggi konnte. Hoffentlich ging es ihr schon besser, dachte er sich. Er hatte sich die ganze Zeit schreckliche Sorgen und Vorwürfe gemacht und in der vergangenen Nacht kein Auge zugetan.
Als er zehn Minuten später mit einem großen Strauß Rosen vor Biggis Tür stand wurde ihm doch ein wenig flau im Magen. Er hatte sich entschieden, er wollte mit zusammen sein, egal was passierte. Doch wollte sie ihn überhaupt noch? Nach allem, was passiert war? Er klopfte vorsichtig an und öffnete dann langsam die Tür.
Biggi war gerade wach geworden und als sie den Strauß Rosen und dahinter Thomas' Gesicht sah, lächelte sie. "Hey, du siehst ja schon viel besser aus.", freute Thomas sich und ging auf sie zu. "Ich hab mir solche Sorgen gemacht." Dann setzte er sich zu ihr, nahm ihre Hand und ließ sie gar nicht erst zu Wort kommen. "Biggi, bitte, verzeih mir. Ich bereue es so sehr, dass ich dich damals verlassen habe. Es war ein großer Fehler, das ist mir erst gestern so richtig klar geworden. Ich liebe dich, und gegen diese Liebe bin ich machtlos. Ich will mit dir zusammen sein, koste es, was es wolle. Bitte, verzeih mir." "Ich habe dir gar nichts zu verzeihen.", meinte Biggi leise und lächelte ihn an. "Du musstest dich für deine Kinder entscheiden, Thomas, sie brauchen dich doch." "Oh Biggi.... und ich brauche dich…mehr als alles andere auf der ganzen Welt." "Thomas, ich habe dich so vermisst.", sagte sie leise und sie sahen sich tief in die Augen. Dann beugte Thomas sich langsam über sie und sie begannen sich zu küssen. Erst ganz zaghaft, aber dann immer leidenschaftlicher. Sie fühlten sich beide wie auf Wolke sieben und wollten sich am liebsten gar nicht mehr loslassen. "Ich liebe dich so sehr.", flüsterte Thomas und lächelte sie verliebt an. "Und ich dich erst.", seufzte Biggi glücklich, "Ich bin so froh, dass du da bist." "Und ich werde dich nie wieder verlassen, das verspreche ich dir.", versicherte Thomas ihr, worauf sie sich erneut lange und innig küssten.
Vera hatte an diesem Morgen einen Termin in der Klinik gehabt, eine Routineuntersuchung. Als sie fertig war und aus dem Behandlungsraum kam, sah sie auf die Uhr. Thomas' Schicht war seit ziemlich genau einer Stunde zu Ende und so war sie sich ziemlich sicher, dass die Kollegen gerade Biggi besuchten. Sie zögerte einen Moment, doch dann beschloss sie, auch kurz bei Biggi vorbeizuschauen, Thomas dort abzuholen und mit ihm gemeinsam nachhause zu fahren. An der Information erkundigte sie sich, auf welchem Zimmer sie Biggi Schwerin finden konnte. Die Schwester gab ihr Auskunft und Vera machte sich sogleich auf den Weg in den zweiten Stock, wo sich Biggis Zimmer befand.
Als sie wenige Minuten später die Tür zu Biggis Krankenzimmer öffnete, verschlug es ihr den Atem. Von wegen ein Gemeinschaftsbesuch aller Kollegen. Thomas war allein dort und nicht nur das. Er lag halb auf Biggi und sie waren so sehr in ihre Küsse vertieft, dass sie Vera überhaupt nicht bemerkten. 'Ich hätte es wissen müssen.', dachte Vera sich wutentbrannt. "Ich habe dich gewarnt, Thomas!", rief sie und riss die beiden Verliebten, die sie zuvor noch immer noch bemerkt hatten, dadurch aus ihrer Beschäftigung. Erschrocken starrten Thomas und Biggi in Veras zorniges Gesicht. "Es ist aus, ein für alle mal. Du kannst deine Sachen holen und ich schwöre dir, Lisa und Laura siehst du nie wieder!", mit diesen harten Worten drehte Vera sich abrupt um und verließ im Laufschritt die Klinik. Tränen waren ihr in die Augen gestiegen. Sie hätte es wissen müssen, dass Thomas sie wieder mit Biggi betrügen würde. Die ganze Zeit hatte sie bemerkt, dass sein Herz noch immer der Pilotin gehörte und die ganze Zeit hatte sie sich gefragt, was Biggi hatte, was sie nicht hatte.
Thomas und Biggi starrten noch immer auf die Tür, die Vera soeben hinter sich zugeknallt hatte. "Sie wird sich schon wieder beruhigen...", meinte Thomas nur. Er glaubte zwar nicht wirklich daran, doch er wusste, dass sie Lisa und Laura nicht ewig von ihrem Vater fernhalten können würde. Biggi sah ihn an. Sie wusste, wie schwer es Thomas fiel, dass er seine Töchter nun die nächste Zeit nicht sehen würde. Doch dass er dieses so große Opfer für sie brachte, bewies Biggi erneut, dass er sie über alles liebte und sie war sich sicher, dass sie zusammen glücklich werden würden.
Das wurden sie auch. Als Biggi zwei Wochen später aus der Klinik entlassen wurde, zog Thomas bei ihr ein. Sie genossen jede freie Minute, die sie zusammen verbringen konnten und waren beide total glücklich, wieder bei dem anderen zu sein. Nun würden sie sich nie mehr trennen, das hatten sie sich geschworen.
In den nächsten zwei Monaten sah Thomas seine Kinder nur äußerst selten. Anfangs hatte er sich, wenn die beiden Pause hatten, in die Schule geschlichen, um sie dort zu sehen, doch mit der Zeit war Vera dahintergekommen und sorgte dafür, dass es nicht mehr vorkam. Vera und Thomas waren inzwischen geschieden und wie Thomas und Biggi es bereits erwartet hatten, hatte sie das alleinige Sorgerecht bekommen. Thomas durfte seine Kinder alle zwei Monate für ein Wochenende sehen, mehr nicht. Er vermisste die beiden sehr, doch Biggi tröstete ihn immer wieder und gemeinsam standen sie auch das durch. Vielleicht würde Vera ja irgendwann doch noch zur Vernunft kommen, wenn ein wenig Gras über die ganze Sache gewachsen war.
Als Thomas an einem lauen Frühlingsabend von der Spätschicht nachhause kam, sah er, dass Biggi verträumt auf der Dachteerasse stand, und über die Lichter der Stadt blickte. Lächelnd malte sie sich aus, wie Thomas wohl auf das kleine Geheimnis, das sie ihm gleich erzählen würde, wenn er nachhause kam, reagieren würde. Sie war so in Gedanken versunken, dass ihr gar nicht aufgefallen war, dass er bereits hinter sie getreten war. Erst als er von hinten sanft seine Arme um sie legte, bemerkte sie ihn. Lächelnd schmiegte sie sich ganz nah an ihn, während er sie zärtlich im Nacken küsste. "Ich muss dir etwas sagen, Biggi.", meinte er dann geheimnisvoll lächelnd. "Ich dir auch.", erwiderte Biggi, "Aber du zuerst." "Ok", sagte Thomas leise, während er sie noch fester in die Arme schloss. "Vera hat angerufen. Sie hat sich entschuldigt und sieht ein, dass sie sich falsch verhalten hat. Die Mädels dürfen jetzt jedes zweite Wochenende zu uns kommen.", erzählte er ihr glücklich. Biggi drehte sich in seinen Armen um und strahlte ihn an. "Das ist ja super.", sie freute sich ebenso wie Thomas total und sie küssten sich erst einmal lange und innig. "Aber, was wolltest du mir sagen?", fragte Thomas sie dann, während er ihr tief in die Augen sah. Ein Lächeln huschte über Biggis Lippen. "Ich bin schwanger...", flüsterte sie ihm dann ins Ohr. Thomas sah sie mit großen Augen an, dann hob er sie hoch und drehte sich mit ihr im Kreis. "Oh Biggi, du machst mich zum glücklichsten Menschen auf der ganzen Welt." Biggi lächelte ihn an. "Und du mich. Ich liebe dich so, Thomas." "Ich dich auch, unendlich." Sie sahen sich verliebt an und küssten sich dann wieder. Beide verspürten ein unheimliches Glück in ihren Herzen. Es war ein langer und beschwerlicher Weg dorthin gewesen, der viele Hindernisse enthalten hatte, doch sie waren ihn in ihrer unerschütterlichen Liebe bis zum Ziel gemeinsam gegangen. Diesen langen Weg zum Glück ...
The End